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6. Der Tambour schlägt, es geht wie zur Parade,
Die Fahne fliegt uns hoch und stolz voran,
Doch klopft das Herz manch treuem Mann
Beim raschen Schritt auf diesem Pfade.
Wie Salven rollt und pfeift es in die Glieder;
Es rast der Schnitter Tod und fällt und mäht.
Und wie er seine Reihen sät
Da sinkt die Fahne und ihr Träger nieder.
7. Aus dem Gedräng' ein Offizier sie rettet,
„Mir nach!" so ruft er und stürmt kühn voraus;
Doch aus dem unglückseligen Haus
Grüßt ihn der Tod, der eilig bettet.
Selbst blutend springt der Adjutant vom Pferde,
Erfaßt die Fahne, schwingt sich hoch empor, —
Da deckt sein Auge schwarzer Flor,
Und sterbend küßt sein bleicher Mund die Erd.
8. Was fällt, das fällt! vorwärts! durch Tod und Flammen
Zwei brave Musketiere greifen zu;
Der eine stürzt: „Versuch' es du!"
Doch auch der andre bricht zusammen.
Nun fällt der Führer auch; wir müssen weichen.
Ein Häuflein war der Rest, vom Feind umringt.
Das schlägt sich durch, und es gelingt.
Den Steinbruch endlich wieder zu erreichen.
9. Da dachte keiner seiner eig'nen Wunde,
Wer jetzt noch aufrecht stand in Nacht und Graus;
„Die Fahne fehlt! holt sie hieraus!"
So schall es laut von Mund zu Munde.
Ein Halbzug wird zum Suchen ausgesendet
Und — kommt nicht wieder, alle blieben tot.
Uns bebt das Herz, allmächtiger Gott!
Hast du dich zürnend gegen uns gewendet?
10. „Freiwill'ge vor!" — Da blieb nicht einer stehen,
Der noch sein heiß' Gewehr in Händen hielt.
Und sechs, die um das Los gespielt.
Sehn' in die Nacht hinaus wir gehen. —
Zurück, vom Feind verfolgt, ein einz'ger kehrte.
Der blutete, verhüllte sein Gesicht
Und schwieg, — die Fahne bracht' er nicht,
Und keiner, keiner seinen Thränen wehrte. —