Die Herrscher aus dem Hause Hohenzolleru.
49
der Sultan schloß bald einen für Rußland günstigen Frieden. Trotzdem
blieb Karl XII. fünf Jahre in der Türkei, da er nicht als Besiegter zurück- Karl^i^der
kehren wollte. Erst 1714 entschloß er sich von Adrianopel aus zur
Rückkehr in die Heimat; nach einem abenteuerlichen Ritte langte er in
dem belagerten Stralsund an.
Inzwischen hatte Peter I. seine Eroberungen an der Ostsee fortgesetzt
und August der Starke den polnischen Thron eingenommen. Da Fried- deutM-md.
rieh Wilhelm I., der seinem Vater Friedrich I. ans den preußischen
Königsthron gefolgt war, für feine pommerfchen Besitzungen fürchtete,
sah auch er sich genötigt, zu den Waffen zu greifen. Er besetzte
Teile von Schwedisch-Pommern und eroberte, mit den Danen und
Sachsen verbündet, das für unüberwindlich gehaltene Stralsund. Karl
floh nach Schweden. Vergebens suchte er sich durch die Eroberung des
dänischen Norwegens zu entschädigen. Bei der Belagerung von Frede- ^
rikshald traf ihn die tödliche Kugel (1718). '
Im Frieden zu Stockholm (1719) gewann Rußland die Ostsee- Friede.
Provinzen Livland, Estland und Jngermanland, Hannover Bremen und
Verden, Preußen Vorpommern bis zur Peene.
Durch den Nordischen Krieg verlor Schweden seine Großmacht- Folgen,
stellung, und Rußland wurde die erste Macht des Nordens.
Preußen besaß nun endlich die Odermündung und Stettin, die
einst der Große Kurfürst vergeblich zu erwerben versucht hatte.
5. Friedrichs III. (I.) Regierung im Innern. Die großen Kriege Verwaltung,
hatten den preußischen Truppen zwar Waffenruhm und den Ruf der
Tapferkeit, aber dem Staate weiter keinen Nutzen gebracht. Der Minister
Kolb von Wartenberg suchte durch immer neue und erhöhte Steuern
die Mittel zur Bestreitung des kostspieligen Hofhalts zu gewinnen. Da¬
durch geriet die Finanzlage des Staates in arge Zerrüttung. Hungersnot
und Pest in den Jahren 1709—1711 erhöhten die verzweifelte Lage des
Landes.
6. Pflege von Kunst und Wissenschaft. Friedrich war ein Freund
der Künste und Wissenschaften. Seine erste Gemahlin, Sophie Char- "
lotte von Hannover, war eine wissenschaftlich und kunstsinnig gebildete
Frau, die dem Kurfürsten in seinen Bestrebungen fördernd und beratend
zur Seite stand. In Halle wurde 1694 eine Universität gegründet, Unyität
an der der Jurist Thomasius lehrte, und zwar entgegen dem bisherigen
Gebrauche in deutscher Sprache. Hier stiftete August Hermann
Francke aus freiwilligen Beiträgen ein Waisenhaus und erweiterte bald
seine Stiftung durch andre Anstalten, eine höhere Schule, ein Kranken-
haus, eine Druckerei und eine Buchhandlung. In Berlin entstand auf
Anregung des Philosophen Leibniz die Akademie der Wissen- Akademie,
schaffen, die wissenschaftliche Unternehmungen fördern sollte. Leibniz
gehörte zu dem Freundeskreise der Königin. Diese entzog sich gern dem
Dahmen, Lindner n. Hüsch, Geschichte für Mittelschulen. III. 4