Object: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

114 
Geschichtliches aus neuerer Zeit. 
Batterieen protzen zum Abfahren auf. Aber Siegesfreude und Ungestüm 
reißen die kleine Reiterschar weiter fort, und nach einer Attacke von 
3000 Schritt sieht sie sich umringt durch die von allen Seiten herbei¬ 
eilende französische Kavallerie. Ein zweites Treffen ist zur Aufnahme 
nicht zur Stelle, und nach Einzelkämpfen mit den französischen Reitern 
muß die Brigade sich nochmals durch die feindliche Infanterie den Weg 
zum Rückzug bahnen, welchen diese durch ihre Geschosse begleitet. Nur 
die Hälfte der Mannschaft gelangt nach Flavigny zurück, wo sie sich 
vorläufig in zwei Schwadronen wieder formiert; aber die opferwillige 
Hingabe der beiden tapferen Regimenter hat den Erfolg, daß die Fran¬ 
zosen ihren Angriff auf Vionville gänzlich einstellen. 
Erst einige Zeit später, nach 3 Uhr, nahte wirksame Hilfe, indem 
General von Voigts-Rhetz sein zehntes Korps — die Hannoveraner — 
auf das Schlachtfeld führte. Am Abend standen die Preußen auf dem 
Boden, welchen die Franzosen am Morgen inne gehalten. 
Mit seinem dritten Korps allein hatte General von Alvensleben 
den Kampf sieben Stunden lang geführt und den bedeutend überlegenen 
Gegner von Flavigny bis Rezonville, über eine halbe Meile weit, zurück¬ 
getrieben. Es ist dies eine der glänzendsten Waffentaten des ganzen 
Krieges. 
61. Pisrnarck an feine Gemahlin nach der Schlacht öei Sedan. 
(Dieser Brief wurde von Franktireurs aufgefangen und in einer fianzösischen Zeitung 
veröffentlicht.) 
Bendresse, 3. September 1870. 
Mein liebes Herz! 
Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier, 
kehrte heute zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht 
von Sedan am 1. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten 
und den Rest der französischen Armee, der wir seit Bar le Duc nach¬ 
jagten, in die Festung warfen, wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen 
ergeben mußte. Gestern früh 5 Uhr, nachdem ich bis 1 Uhr früh mit 
Moltke und den französischen Generalen über die abzuschließende Kapi¬ 
tulation verhandelt hatte, weckte mich der General Reille, den ich kenne, 
um mir zu sagen, daß Napoleon mich zu sprechen wünsche. Ich ritt 
ungewaschen und ungefrühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser im 
offenen Wagen mit 3 Adjutanten und 3 zu Pferde daneben haltend. 
Ich saß ab, grüßte ihn ebenso höflich wie in den Tuilerien und fragte 
nach seinen Befehlen. Er wünschte den König zu sehen; ich sagte ihm 
der Wahrheit gemäß, daß Se. Majestät 3 Meilen davon, an dem Orte, 
wo ich jetzt schreibe, sein Quartier habe. Auf Napoleons Frage, wohin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.