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Kinder, sagte der Hausvater, geht einmal mit
der Magd und laßt euch das Gespenst von ihr
zeigen. Die Kinder sprangen sogleich mit dem
Lichte voran, und die Magd folgte ihnen furcht¬
sam nach. Als sie in dem Keller angekommen
waren, fragten die Kinder wo denn das Gespenst
sey? Da deutete die Magd in den Winkel hin,
und sagte ängstlich: ach dort, sehet, dort stehts!
ganz weiß vom Kopf bis auf die Füße. Die
Kinder lachten von neuem. Denn was die Magd
für ein Gespenst hielt, war ein Hammelschlegel,
den die Mutter an den Fleischhaken gehängt, und
mit einem weißen Tuche umschlagen hatte, um
das Fleisch vor den Fliegen zu bewahren. Jetzt
schämte sich die Magd, und die Kinder dankten
ihren Eltern im Herzen dafür, daß sie ihnen von
Jugend auf alle Furcht vor Gespenstern lächerlich
gemacht hatten.
37. Wilhelm und Lottchen, die Muster
guter Kinder.
Wilhelm und Lottchen waren zwei Geschwister,
und dabei so gut geartete Kmder, daß alle Väter
und Mütter im Dorfe öfters zu ihren Söhnen und
Töchtern sagten: wenn ihr doch nur auch so brav
wäret, als Wilhelm und Lottchen.
Diese beiden Kinder liebten nämlich ehre El¬
tern aufs zärtlichste, ließen sich nie etwas von
ihnen zweimal heißen oder verbieten, und thaten
alles, was sie ihnen an den Augen absehen konn¬
ten. Denn sie dachten bei sich selbst: „es ist
höchst billig, daß wir unsern Ellern durch Folg-