Full text: Lesestücke für den vereinten Lese-, Denk-, Sprech- und Sprachunterricht, für die Heimats- und Naturkunde, so wie für den sittlich-religiösen Anschauungsunterricht (Theil 2)

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Nacht. „Muß ich nicht erquicken, was du ermattest? 
und wie kann ich anders, als meistens durch die Bcr- 
geßenhcit deiner? Ich hingegen nehme Alles mit seiner 
Zufriedenheit in meinen Schooß; sobald es den Saum 
meines Kleides berührt, vergißt es dein Blendwerk und 
neiget sein Haupt sanft nieder. Und dann erhebe, dann 
nähre ich die ruhig gewordene Seele mit himmlischem Thaue. 
Dem Auge, das unter deinem Sonnenstrahle nie gen Him¬ 
mel zu sehen wagte, enthülle ich, die verhüllte Nacht, ein 
Heer unzähliger Sonnen, unzähliger Bilder, neue Hoff¬ 
nungen, neue Sterne." Herder. 
24. Räthsel. 
Auf einer großen Weide gehen viel tausend Schafe 
silberweiß; wie wir sie heute wandeln sehen, sah sie der 
allerältste Greis. — Sie altern nie und trinken Leben 
aus einem nncrschöpfteu Born; ein Hirt ist ihnen zu¬ 
gegeben mit schöngebog'ncm Silberhoru. — Er treibt sie 
aus zu goldnen Thoren, er überzählt sic jede Nacht, und 
hat der Lämmer keins Verloren, so oft er auch den Weg 
vollbracht. — Ein treuer Hund hilft sic ihm leiten, ein 
munt'rer Widder geht voran. Die Heerde, kannst du sie 
mir deuten? und auch den Hirten zeig' mir an. 
Schiller. 
25. Hirt und Heerde. 
Wer hat die schönsten Schäfchen? Die hat der qold'ne Mond, 
der hinter unsern Bäumen am Himmel drüben wohnt. 
Er kommt am späten Abend, wenn Alles schlafen will, hervor 
aus seinem Hause, zum Himmel leis' und still. 
Dann weidet er die Schäfchen auf seiner bunten Flur; denn all' 
die weißen Sterne sind seine Schäfchen nur.
	        
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