XLIX.
AUS BRIEFEN MOSES MENDELSSOHNS
MENDELSSOHNS GESAMMELTE SCHRIFTEN V. LEIPZIG 1844
BROCKHAUS
I.
Aus einem Briefe an Pastor Hesse in Benneckenstein.
.... Wären Ihre Anmerkungen mir einige Wochen
früher in die Hände gekommen, vielleicht hätte ich einige
derselben nicht unbeantwortet lassen können; das Argu¬
ment z. B. von unserm bürgerlichen Elend auf die Un¬
wahrheit unserer Religion, — ich erstaune, dass man die¬
ses immer noch geltend machen will. Diese Art zu
schliessen, scheint mir nicht nur unphilosophisch, sondern
sogar dem Geiste des Evangeliums zu widersprechen.
Was haben Jesus und die Apostel mit mehrerem Nach¬
druck einzuschärfen gesucht, als dass man vom Zeitlichen
nicht auf das Ewige schliessen soll? Könnten wir nicht
alle bürgerliche Vorteile und Vorzüge gemessen, wenn
wir, wie unsere Brüder in Portugal und Spanien getan,
nur heucheln wollten? Lebten jene, und leben ihrer vie¬
le nicht noch in dem blühendsten Wohlstand, in bürger¬
licher und politischer Ehre? Und die von und zur muham-
medanischen Religion Uebergegangenen haben gewiss ih¬
ren Religionszustand um nichts verbessert, desto mehr
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Georg-Eckort-Institut
für internationale
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Braunschweig
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