Viertes Kap. Römische Geschichte. 233
§. 63. Das zweite Triumvirat.
Auf einer kleinen Insel im Flüßchen Rhenus unweit Bononia, kamen
riese Häupter, Octavian, Antonius und Lepidus, zusammen (der Lezte
dreimal Konsul und jczt Pontifex Maximus, durch Reichthum und Adel an¬
sehnlich, doch an Talent weit unter den Anderen, ja meistens ihr Spielwerk).
Jeder führte ein Heer mit sich, schlagfertig und wachsam. Lepidus unter¬
suchte die Insel. Dann, von den zwei cntgegengesezten Seiten, kamen Oc¬
tavian und Antonius über die Brücken, jeder mit gleich starker Bedeckung.
Nachdem sie sich gegenseitig befühlt hatten, ob keine Dolche unter den Klei¬
dern steckten, so begannen sie die Verhandlung, und in drei Tagen waren die
Punkte des frevelhaften Vertrags im Reinen. Unter dem Titel: Triumviri
reipublicae constituendae nahmen sie sich gemeinschaftlich auf füufJahre die
höchste Gewalt über Nom und die Provinzen. Zur unmittelbaren Negierung
sollte Octavian Afrika, Sicilien und Sardinien, Lepidus Spanien und
das narbonnensische Gallien, Antonius die beiden übrigen Gallien erhalten.
Aber vor Allem sollten Octavian und Antonius, jeder mit zwanzig Legionen,
gegen die Mörder Cäsar's ziehen und Lepidus indessen Rom mit drei Legionen
decken. Wäre der Krieg geendet, daun sollten achtzehn der besten Städte in
Italien sammt ihren Ländereien unter die Soldaten vertheilt werden, zur Be¬
lohnung für das Niedertreten der Republik.
Um das Maß des Frevels zu füllen, wurde der Tyrannen - Bund durch
das edelste Blut besiegelt. Die Freunde der Freiheit und der Triumvirn per¬
sönliche Feinde sollten sterben. Dreihundert Senatoren, zweitausend Ritter,
eine ungezählte Menge der besten Bürger wurden geächtet. Wenn unter den¬
selben sich auch Lepidus Bruder, Paulus, und Antonius Oheim, Lu¬
cius Cäsar, befanden, so wurden sie gleichwohl durch ihrer Verwandten
Macht der Vollstreckung entzogen. Aber Octavian gab — nach verstellter
Weigerung — seinen Wohlthäter, durch den er groß geworden, den edlen
Cicero hin: und freilich mußte er in dem Redner der Freiheit einen Feind
erkennen, seitdem er selbst Tyrann geworden. Im vier und sechzigsten Jahre
des Alters, auf seiner formianischen Villa, von wo er nach Macedonien flüch-
ten wollte, starb Cicero durch die Hand des Legion-Tribuns Popilius
Länas, welchem er vordem durch gerichtliche Vertheidigung das Leben ge¬
rettet, mit Würde, und von allen Guten beweint. Antonius, in wildem
Jubel, zahlte dem Mörder den Lohn und ließ das edle Haupt zwischen beiden