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3. Meister Pfriem.
Meister Pfriem war ein kleiner, hagerer, aber lebhafter Mann,
der keinen Augenblick Ruhe hatte. Sein Gesicht, ans dem nur die auf¬
gestülpte Nase vorragte, war pockennarbig und leichenblaß, sein Haar
grau und struppig, seine Augen klein, aber sie blitzten unaufhörlich rechts
unb links hin. Er bemerkte Alles, tadelte Alles, 'wußte Alles besser und
hatte in Allein Recht.
Ging er auf der Straße, so ruderte er heftig mit beiden Armen,
und einmal schlug er einem Mädchen, das Wasser trug, den Eimer so
hoch in die Luft, daß er selbst davon begossen ward. „Einfältige," rief
er ihr zu, indem er sich schüttelte, „konntest du nicht sehen, daß ich hinter
dir herkam?" Seines Handwerks war er ein Schuster, und wenn er
arbeitete, fuhr er mit dem Draht so gewaltig aus, daß er Jedem, der
sich nicht weit genug in der Ferne hielt, die Faust in den Leib stieß.
Kein Geselle blieb länger als einen Monat bei ihm, denn er hatte an
der besten Arbeit immer etwas auszusetzen. Bald waren die Stiche
nicht gleich, bald war ein Schuh länger, bald ein Absatz höher als der
andere, bald war das Leder nicht hinlänglich geschlagen. „Warte,"
sagte er zu dem Lehrjungen, „ich will dir schon zeigen, wie man das
Leder weich schlägt," holte den Riemen und gab ihm ein paar Hiebe
über den Rücken. Faulenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber
doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb.
War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet,
so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche.
„Wollt ihr mir das Haus anzünden?" schrie er, „das ist ja ein Feuer,
daß man einen Ochsen dabei braten könnte! Oder kostet das Holz etwa
kein Geld?" Standen die Mägde am Waschfaß, lachten und erzählten
sich, was sie wußten, so schalt er sie aus: „Da stehen die Gänse und
schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die
frische Seife? Heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche
Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich
reiben." Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so daß
die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf,
so lief er ans Fenster und sab zu. „Da vermauern sie wieder den rothen
Sandstein," rief er, „der niemals austrocknet; in dein Haus bleibt
kein Mensch gesund. Und seht einmal, wie schlecht die Gesellen die Steine
aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muß hinein, nicht Sand.
Ich erlebe noch, daß den Leuten das Haus über dem Kopf zusammen¬
fällt." Er setzte sich, that ein paar Stiche, sprang aber wieder auf,
that sein Schurzfell ab und sagte: „Ich will nur hinaus und den
Menschen in's Gewissen reden." Er gerieth aber an die Ziimnerleute.
„Was ist das?" rief er, „ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint
ihr, die Balken würden gerad' stehen? Es weicht einmal Alles aus den
Fugen." Er riß einem Zimmermann die Art ans der Hand und wollte
ihm zeigen, wie er hauen müßte; als aber ein mit Lehm beladener
Wagen herangefahren kam, warf er die Art weg und sprang zu dem
Bauer, der neben her ging. „Ihr seid nicht recht bei Trost," rief er,
„wer spannt junge Pferde vor einen schwer beladenen Wagen? Die
armen Thiere werden Euch aus dem Platz umfallen." Der Bauer gab
ihm keine Antwort, und Pfriem lief voll Äerger in seine Werkstätte zurück.
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