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Iez am Chastel verbei, und alliwil weiters und weiters
Zwische Berge und Berge im chüele, duftige Schatte,
Und an mengem Chrüz verbei, an menger Kapelle.
Aber wie de gohsch, wirsch alliwil größer und schöner.
Wo di liebligen Othem weiht, wie färbt sie der Rase 60
Grüner rechts und links, wie stöhn in chräftige Triebe
Neui Chrüter do, wie schießen in prächtige G'stalte
Blumen an Blumen uf, und geli, fastigi Wide!
Bo d'im Othem gwürzt, stöhn rothi Erdberi-Chöpfli
Millione do, und warten am schattige Thalweg. 65
Bo d'im Othem g'nährt, stigt rechts an sunnige Halde
Goldene Lewat uf in Feldere, Riemen an Rieme.
Bo d'im Othem g'chüelt, singt hinter de Hürste verborge
Freudig der Hirte-Bueb, und d'Holz-Ax tönet im Buchwald.
's Mambecher Hätteli chunnt, und wulligi Hätt vo Zell her. 70
Alles lebt und webt, und tönt in freudige Wiise;
Alles grünt und blüeiht in tnsigfältige Farbe;
Alles isch im Staat, und will mi Meiddeli grüße.
I. P. Hebel. 1801 oder 1802.
28. Die
1. Ich kenne einen deutschen Strom,
Der ist mir werth und lieb vor allen,
Umwölbt von ernster Eichen Dom,
Umgrünt von kühlen Buchenhallen.
Ihn hat nicht wie den großen Rhein
Der Alpe dunkler Geist beschworen,
Ihn hat der friedliche Verein
Verwandter Ströme still geboren.
2. So taucht die Weser kindlich
aus,
Von Bergen traulich eingeschlossen,
Und kommt im träumerischen Lauf
Durch grüne Au'n herabgeflossen;
So windet sie mit leichtem Fuß
Zum fernen Meere sich hernieder,
Und spiegelt mit geschwätz'gem Gruß
Der Ufer sanften Frieden wieder.
3. Doch hat sie in der Zeiten Flug
Gar manche große Mär' erfahren,
Und ihre stille Woge trug
Viel Herrliches in fernen Jahren.
Sie sah in ihrer Wälder Schoß
Des Adlers Siegerflügel wanken
Und von der deutschen Arme Stoß
Der ew'gen Roma Säulen schwanken.
We ser.
4. Und als mit fester Eisenhand
Held Karl den deutschen Zepter führte,
Da war es, wo im Weserland
Sich manche Stimme mächtig rührte;
Da hörte man des Kreuzes Ruf
Mit hellem Klang von den Gestaden,
Und sah der Frankenrosse Huf
Sich in den nord'schen Wellen baden.
5. So meldet sie dir manchen Traum
Aus ihrer Vorzeit grauen Tagen,
Und sieht dabei des Lebens Baum
Stets frisch an ihren Ufern ragen;
Es glänzen in der lichten Fluth
Der Klöster und der Burgen Trümmer,
Des Mondes und der Sonne Gluth,
Des Thurmes und der Segel Schim¬
mer.
6. Undmeerwärts durch ihr Felsenthor,
Durch immer wechselnde Gefilde
Strömt sie die Welle leicht hervor
Wie jugendliche Traumgebilde.
In ihren Tiefen klar und rein
Hörst du es seltsam wehn und rauschen,
Und kannst bei stillem Abendschein
Der Nixe Wunderlied belauschen.
F. Dingelstedt.