Full text: Für mittlere Klassen (Theil 2)

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„Hochherziger Jüngling, fahre wohl!" 
Und hohler und hohler hört man's heulen, 
Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen. 
10. Und würfst du die Krone selber hinein 
Und sprächst: „Wer mir bringet die Krön', 
Er soll sie tragen und König sein!" 
Mich gelüstete nicht nach dem theuren Lohn. 
Was die heulende Tiefe da unten verhehle, 
Das erzählt keine lebende glückliche Seele. 
11. Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt, 
Schoß jäh in die Tiefe hinab; 
Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast 
Hervor aus dem Alles verschlingenden Grab. 
Und heller und heller, wie Sturmes Sausen 
Hört man's näher und immer näher brausen. 
12. Und es wallet und siedet und brauset und zischt, 
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, 
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, 
Und Well' auf Well sich ohn' Ende drängt, 
Und wie des fernen Donners Getose 
Entstürzt es brüllend dem finstern Schoße. 
13. Und sieh! aus dem finster fluchenden Schoß, 
Da hebet sich's schwanenweiß, 
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß, 
Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß; 
Und er ist's, und hoch in seiner Linken 
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken. 
14. Und athmete lang und athmete tief, 
Und begrüßte das himmlische Licht. 
Mit Frohlocken es Einer dem Andern ries: 
„Er lebt! Er ist da! es behielt ihn nicht! 
Ans dem Grab', aus der strudelnden Wasserhöhle 
Hat der Brave gerettet die lebende Seele." 
15. Und er kommt, es umringt ihn die jubelnde Schaar; 
Zu des Königs Füßen er sinkt, 
Den Becher reicht er ihm knieend dar; 
Und der König der lieblichen Tochter winkt, 
Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande; 
Und der Jüngling sich also zum König wandte: 
16. „Lang' lebe der König! Es freue sich, 
Wer da athmet im rosigen Licht! 
Da unten aber ist's fürchterlich, 
Und der Mensch versuche die Götter nicht, 
Und begehre nimmer und nimmer zu schauen, 
Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen.
	        
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