270 II.5. f) Von Augen, Ohren 
Ihr braucht nach eurem Gefallen die Sprach- 
glieder, die Lippen, die Zaͤhne, die Zunge, den Gau⸗ 
men und die Kehle auf mancherley Art in einem Augen⸗ 
blicke. Ihr verfehlt des gewuͤnschten Tons nicht. 
Und dennoch duͤrft ihr nicht einmal daran denken, wel⸗ 
ches Sprachglied und wie oft es gebraucht werde. 
Bey der Aussprache des Worts, Schreibt, braucht 
ihr die Zaͤhne, die Kehle, abermals die Zaͤhne, aber⸗ 
mals die Kehle, dann die Lippen, endlich die Zunge. 
Und dennoch lernen die Kinder ohne Unterricht sprechen, 
bloß durch die Nachahmung der Alten. O, wie vor⸗ 
trefflich ist unsre Sprachfaͤhigkeit! Und dennoch ist sie 
ohne Zuthun der Eltern allen Menschen angebohren 
Von der Art, wie wir sehn, ist noch man— 
cher bisher nicht erwehnter Umstand merkwuͤrdig. 
Man mache eine Kammer dunkel; und lasse nur in der 
Groͤsse des Augensterns ein einziges Loch, durch wel⸗ 
ches von einer erleuchteten Gegend Lichtstrahlen ein⸗ 
fallen koͤnnen. Alsdann halte man nahe vor diesem 
Loche ein Stuͤck weisses Papier. So wird man auf dem⸗ 
selben die Gegend, von welcher Lichtstrahlen durchs 
Loch kommen, mit allen ihren Farben im Kleinen vor⸗ 
gestellt sehn; aber verkehrt, das Oberste unten, das 
Unterste oben, das Rechte zur Linken, das Linke zur 
Rechten. Setzt man ein erhabnes Brillenglas in ein 
solches Loch; so bekoͤmmt man auf dem Papier ein 
groͤsseres und deutlicheres Bild von den vorgestellten 
Gegenstaͤnden. Einer solchen dunkeln Kammer ist 
unser Auge aͤhnlich. Der Stern ist das Loch, der 
Crystall das Glas, das netzfoͤrmige Haͤutgen aber am 
Boden des Auges ist das Papier; worauf das Bild 
der
	        
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