IV. ii. Von den göttlichen Strafen. 75
gequälten Menschen verglichen werden können, oder die >
Heftigkeit derselben übertreffen. Ihr müßt gewohnt
werden, dem Inhalte solcher ausgebreiteten Belehrun¬
gen nachzudenken. Dazu wird euch nun folgender
Auszug aus einem gewissen Buche Gelegenheit geben.
Ihr werdet leicht schließen, daß der Verfasser dessel¬
ben , der Belehrung von unaufhörlichen peinlichen
Strafen Gottes keinen Beyfall gebe. Seine Beweis¬
gründe zu prüfen ist eine rathsame Uebung eures Ver¬
standes, weil die Frage eine der allcrwichtigsien Sa¬
chen betrifft.
Es ist also die Frage, ob lebendige Wesen in
der Welt sind, denen unaufhörliche peinliche Stra¬
fen Gottes bevorstehen. Solche Geschöpfe des all-
,nächtigen, allwciscn und höchstgütiqen Gottes zu glau¬
ben , hat die Vernunft, sofern sie Gott nur aus seinen
Werken erkennt, nirgends Anlaß, nirgends Beweis. Es
wird, wenn wir sie nur denken, schwarz vor den Augen un¬
sers Verstandes! Es nahet sich eine mögliche Verzweif¬
lung unserm Herzen, wenn wir einem solchen Einfalle un-
srer Einbildung Raum geben. Sind solche Opfer nö--
thig; ach! so können wir es selbst; so können es die
Unsrrgen seyn! Kann wohl ein nachdenkender Geist sich
lebendige, empfindliche, sich ihrer selbst bewußte und
Gott erkennende, Wesen, auf dem glühenden Altar ohne
cmpñndliches Mitleiden als unsterblich vorstellen?
Was soll uns dieser Gedanke? Lehrt er uns Gott
lieben? Ach nein! Lehrt er uns Gott kindlich und weis¬
lich furchten? Ist denn die Hand der Allmacht nicht
furchtbar genug, wenn sie auch keinen Sünder unauf¬
hörlich drückt? Kann der, der die Kräfte unserer Em¬
pfindung