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schien sein Ziel, die Aufrichtung einer unumschränkten Herrschermacht, erreicht
zu haben. Das mußten nicht nur die Protestantischen, sondern auch.die katho¬
lischen Reichsfürsten bald empfinden. Mit Mißtrauen und Besorgnis sahen sie
daher die wachsende Kaisergewalt, denn was Karl V. dem deutschen Reiche
brachte, das war eine spanische Fremdherrschaft, die das Land mit entsetzlich
verwilderten Truppen anfüllte, deutschem Recht und deutscher Sitte Hohn sprach,
vor allem unter des Kaisers eigenen Augen, besonders in Süddeutschlaud, die
Reformation niedertrat. Man schien Deutschland in eine spanische Provinz
umwandeln zu wollen. Die schweren ©trafen, womit jede Übertretung der
katholischen gottesdienstlichen Gebräuche belegt wurde, machten böses Blut.
Die Verstimmung erreichte den höchsten Grad, als Kurfürst Moritz, der ver¬
haßte Verräter der protestantischen Sache und ihrer Führer, im Namen des
Kaisers die Vollziehung der Reichsacht wider Magdeburg übernahm und die
Stadt, wo das lautere Wort des Evangeliums allein noch eine Freistätte ge¬
sunden, zu belagern begann. In Sachsen herrschte darüber große Aufregung.
Da gingen dem jungen Kurfürsten — er war damals 30 Jahre alt — endlich
die Augen auf über seine Stellung zum Kaiser. Er hatte dem Kaiser sehr
große Dienste geleistet, aber dennoch blieben seine wiederholten Bitten um
Befreiung seines noch immer gefangen gehaltenen Schwiegervaters Philipp von
Hessen ohne Erfolg. Da faßte er den Entschluß, den Kaiser mit Gewalt zur
^reigebuug feiner Gefangenen zu zwingen. Vielleicht mochte ihm auch fein
Gewissen heftige Vorwürfe darüber machen, daß er an feinem Vetter Johann
Friedrich und feinen Glaubensgenossen zum Verräter geworden war. So kam
es zwischen beiden Männern zum Kampfe.
b) Der Zug gegen den Kaiser. Ebenso klug und schlau als der Kaiser,
der von ihm eine sehr hohe Meinung befaß, fühlte sich der junge, kraftvolle
Moritz berufen, vor allem den evangelischen Glaubeu zu schützen. Er verband
sich mit mehreren protestantischen Fürsten Norddentfchlands — besonders mit
dem wilden, raublustigen Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach,
der im fchmalkaldifchen Kriege auf des Kaisers Seite gegen die Protestanten
gekämpft hatte was nm so leichter war, als der Kaiser in Süddeutfchlaud
gerade damals streng gegen den Protestantismus vorging; ja sogar ein geheimes
Bündnis mit dem Könige von Frankreich wurde abgeschlossen, um von ihm
Geld zum Kriege zu bekommen. Freilich wollte dieser nicht umsonst helfen.
Moritz und die mit ihm verbündeten Fürsten mußten daher ihre Einwilligung
geben, daß die deutschen Städte Metz, Toul und Verdun unter französische
Herrschaft kamen. (Diese Zustimmung deutscher Reichsfürsten ist vom nationalen
Standpunkte aus tief zu beklagen.) Die Vollstreckung der Reichsacht an
Magdeburg gab Moritz Gelegenheit, ohne daß der Kaiser Verdacht schöpfte,
ein bedeutendes Heer um diese Stadt zu sammeln.