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und dasz wir zwei, so lang wir leben, gesund dabei bleiben und 
unser notbdürftiges tägliches brot haben; fürs dritte weisz ich mir 
nichts zu wünschen.’ der liebe gott sprach: ‘willst du dir nicht 
ein neues haus für das alte wünschen? ‘o ja/ sagte der mann, 
‘wenn ich das auch noch erhalten kann, so wäre mir s wohl lieb.’ 
da erfüllte der herr ihre wünsche, verwandelte ihr altes haus in 
ein neues, gab ihnen nochmals seinen segen und zog weiter. 
Es war schon voller tag, als der reiche aufstand, er legte 
sich ins fenster und sah gegenüber ein neues reinliches haus mit 
rothen ziegein, wo sonst eine alte hütte gestanden hatte, da 
machte er grosze äugen, rief seine frau herbei und sprach: ‘sag 
mir, was ist geschehen? gestern abend stand noch die alte elende 
hütte, und heute steht da ein schönes neues haus, lauf hinüber 
und höre, wie das gekommen ist.’ die frau gieng und fragte den 
armen aus; er erzählte ihr: ‘gestern abend kam ein wanderer, der 
suchte nachtherberge, und heute morgen beim abschied hat er 
uns drei wünsche gewährt, die ewige Seligkeit, gesundkeit in diesem 
leben und das nothdürftige tägliche brot dazu und zuletzt noch 
statt unserer alten hütte ein schönes neues haus.’ die frau des 
reichen lief eilig zurück und erzählte ihrem manne, wie alles ge¬ 
kommen war. der mann sprach: ‘ich möchte, mich zerreiszen und 
zerschlagen, hätte ich das nur gewuszt! der fremde ist zuvor 
hier gewesen und hat bei uns übernachten wollen, ich habe ihn 
aber abgewiesen.’ ‘eil dich,’ sprach die frau, ‘und setze dich auf 
dein pferd, so kannst du den mann noch einholen, und dann 
muszt du dir auch drei wünsche gewähren lassen.’ 
Der reiche befolgte den guten rath, jagte mit seinem pferd 
davon und holte den lieben gott noch ein. er redete fein und 
lieblich und bat, er möcht’s nicht übel nehmen, dasz er nicht gleich 
wäre eingelassen worden, er hätte den schlüssel zur hausthüre 
gesucht, derweil wäre er weggegangen; wenn er des weges zurück 
käme, müszte er bei ihm einkehren, ‘ja,’ sprach der liebe gott, 
‘wenn ich einmal zurück komme, will ich es thun.’ da fragte der 
reiche, ob er nicht auch drei wünsche thun dürfte, wie sein nachbar. 
ja, sagte der liebe gott, das dürfte er wohl, es wäre aber nicht 
gut für ihn, und er sollte sich lieber nichts wünschen, der reiche 
meinte, er wollte sich schon etwas aussuchen, das zu seinem glück 
gereiche, wenn er nur wüszte, dasz es erfüllt würde, sprach der 
liebe gott: ‘reit heim, und drei wünsche, die du thust, die sollen 
in erfüllung gehen.’ 
Nun hatte der reiche, was er verlangte, ritt heimwärts und 
beug an nachzusinnen, was er sich wünschen sollte, wie er sich 
so bedachte und die zügel fallen liesz, fieng das pferd an zu 
springen, so dasz er immerfort in seinen gedanken gestört wurde 
und sie gar nicht zusammen bringen konnte, er klopfte ihm an 
den hals und sagte: ‘sei ruhig Liese;’ aber das pferd machte aufs
	        
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