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den folgenden klaren und unzweideutigen Passus, welcher die Vertrags-
mäßige Grundlage aller späteren Beziehungen zwischen Preußen und Sster-
reich geblieben ist:
„Für den Fall, daß es zu Feindseligkeiten in Schleswig käme und also
die zwischen den deutschen Mächten und Dänemark bestehenden Vertrags-
Verhältnisse hinfällig würden, behalten die Höfe von Preußen und Öfter-
reich sich vor, die künftigen Verhältnisse der Herzogtümer nur im gegen-
fettigen Einverständnis festzustellen. Zur (Erzielung dieses Einverständ¬
nisses würden fie eintretendenfalls die fachgemäßen weiteren Abreden treffen.
Sie werden jedenfalls die Frage über die Erbfolge in den Herzogtümern
nicht anders als im gemeinsamen Einverständnisse entscheiden."
Entsprechend dieser von den beiden Mächten eingenommenen Stellung
wurden im Wiener Frieden vom 30. Oktober desselben Jahres die Rechte
des von ihnen anerkannten Königs Christian IX. an Preußen und Öster¬
reich abgetreten und das gemeinsame verfügungsrecht beider Mächte über
die Herzogtümer anerkannt.
Ein Ausfluß dieses Verfügungsrechts war die in Gastein am 14. August
v. 3- abgeschlossene Konvention, worin die Ausübung der durch jenen
Frieden erworbenen Rechte geographisch geteilt, die Souveränitätsrechte
aber für beide Herzogtümer beiden Monarchen gemeinschaftlich vorbehalten
und dadurch dem Prinzip, daß über dieselben nur durch gemeinsames Ein¬
verständnis entschieden und verfügt werden könne, eine neue Sanktion
erteilt wurde.
Diesen Vereinbarungen widerspricht die kaiserlich österreichische Re-
gierung, indem sie, ohne vorher sich des Einverständnisses Preußens ver-
sichert zu haben, mit der ausdrücklichen (Erklärung, daß sie auf dieses Ein¬
verständnis verzichte, die ganze Angelegenheit zur Verfügung des Deutschen
Bundes stellt und sich der Entscheidung desselben zu unterwerfen verspricht.
Die königliche Regierung nimmt keinen Anstand zu erklären, daß sie
weit davon entfernt ist, die Angelegenheit der Herzogtümer, welche auch
fie vermöge der Verbindung Holsteins mit Schleswig als eine nationale
betrachtet, anders als im Sinne dieser ihrer Auffassung lösen zu wollen.
Sie hat es schon in einer nach Wien gerichteten Depesche vom 7. v. ITtts.,
welche der Gesandte ebenfalls der hohen Bundesversammlung vorzulegen
die Ehre hat, ausgesprochen, daß sie die schleswig-holsteinsche Angelegenheit
in Verbindung mit der Bundesreform zu behandeln bereit ift und gerade
in dieser Verbindung eine (Erleichterung der friedlichen Lösung sieht. Sie
erwartet auch jetzt nur den Augenblick, wo sie diese Frage mit einer Bundes¬
gewalt verhandeln und erledigen kann, in welcher die Mitwirkung der
nationalen Vertretung dem Einflüsse partikularer Interessen das Gegen¬
gewicht hält, und die Bürgschaft gewährt, daß die von Preußen gebrachten
Gpfer schließlich dem gesamten vaterlande und nicht der dynastischen Be¬
gehrlichkeit zugute kommen. Unter den gegenwärtigen Umständen aber
und bei der positiven Begrenzung, welcher die Kompetenz der Bundes¬
versammlung durch die bestehende Verfassung unterliegt, muß fie Ein¬
spruch dagegen erheben, daß über eigene, durch blutige Kämpfe und durch