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neten, einem bloßen Punkt im Weltall, wieder zurückgeben muß, 
nachdem es eine kurze Zeit mi-t Lebenskraft versehen gewesen. Der 
zweite erbebt dagegen meinen Werth, als einer Intelligenz, un¬ 
endlich durch meine Persönlichkeit, in welcher das moralische Gesetz 
mir ein von der Thierheit und selbst von der ganzen Sinnenwelt 
unabhängiges Leben offenbart, wenigstens so viel sich aus der 
zweckmäßigen Bestimmung meines Daseins durch dieses Gesetz, 
welche nicht auf Bedingungen und Grenzen dieses Lebens einge¬ 
schränkt ist, sondern ins Unendliche geht, abnehmen läßt. 
Allein Bewunderung und Achtung können zwar zur Nach¬ 
forschung reizen, aber den Mangel derselben liicht ersetzen. Was 
ist nun zu thun, nm diese auf nutzbare lind der Erhabenheit des 
Gegenstandes angemeffene Art anziistelleu? Beispiele mögen hie¬ 
bei ziir Warnung, aber auch zier Nachahmung dienen. Die 
Weltbetrachtung steng von dem herrlichsten Anblicke an, den 
menschliche Siiine nur immer vorlegen, und nufer Verstand, in 
ihrem weiten Umfange zu verfolgen, nur immer vertragen kann, 
und endigte — mit der Sterndeutung. Die Moral fieiig mit 
der edelsten Eigenschaft in der moralischen Natur an, deren Ent¬ 
wickelung und Cultur auf unendlichen Nutzen hinaussieht, und 
endigte — mit der Schwärmerei oder dem Aberglauben. So geht 
es alleii noch rohen Versucheii, in deneii der vornehmste Theil des 
Geschäftes auf den Gebrauch der Vernunft ankommt, der nicht, so 
wie der Gebrauch der Füße, sich von selbst vermittels der östern 
Ausübung findet, vornehmlich, wenn er Eigenschafteil betrifft, die 
sich nicht so unmittelbar in der gemeinen Erfahrung darstellen lassen. 
Nachdem aber, wiewohl spät, die Maxime in Schwung ge¬ 
kommen war, alle Schritte vorher wohl zu überlegen, die die 
Vernunft zu thuil vorhat, und sie nicht anders, als im Gleise 
einer vorher wohl überdachten Methode, ihren Gang machen zu 
lassen, so bekam die Beurtheilung des Weltgebändes eine ganz 
andere Richtung und mit dieser zugleich einen ohne Vergleichung 
glücklichern Ausgaiig. Der Fall eilies Steins, die Bewegung einer 
Schleiider, in ihre Elemente und dabei sich äilßernden Kräfte auf¬ 
gelöst und mathematisch bearbeitet, brachte zuletzt diejenige klare 
und für alle Zukiiiift unveränderliche Eiiisicht in den Weltbau 
hervor, die bei fortgehender Beobachtung'hoffen kaiin, sich immer 
nur zu erweitern, niemals aber zurückgehen zu müssen fürchten 
darf. — Dieseii Weg in Behandlung der moralischen An¬ 
lagen unserer Natur gleichfalls einzuschlagen, die Beispiele der mo¬ 
ralisch iirtheilenden Vernrinft in ihre Elementarbegriffe zu zergliedern, 
kann niis jenes Beispiel anräthig sein und Hoffnung zu ähnlichem 
guten Erfolg geben. Dadurch wird auch hiebei theils der Verirrung 
einer noch rohen ungeübten Beiirtheilimg, theils, welches weit nö¬ 
thiger isch den Genieschwüngen vorgebeugt, durch welche, wie 
es von Adepten des Steiiis der Weisen ,;u geschehen pflegt, ohne
	        
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