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kleideten Kleopatra, durch die Straßen Alexandria's fuhr und in wahn¬
sinniger Prachtliebe die Schätze des römischen Reiches vergeudete, brachte
es Octavian endlich dahin, daß Antonius vom Senate aufgefordert wurde,
nach Rom zurückzukehren und vom Triumvirate abzutreten. Er antwortete
mit einer Kriegserklärung und schwor, erst nach Besiegung des Tyrannen
die Regierung an Senat und Volk zurückzugeben. Statt aller Antwort
wurde er als Feind des Vaterlandes erklärt und dem Octavian der Auf¬
trag gegeben, einstweilen den Krieg gegen Kleopatra zu führen.
So begann (31 v. Ehr.) der große Kampf, dessen Preis eine ganze Welt
galt. Große Heere und eben so große Flotten standen sich gegenüber. Am
ambracischen Meerbusen, welcher Akarnanien von Epirus trennt, an dem
Vorgebirge Aktium, wurde am 2. September 31 v. Ehr. die entscheidende
Schlacht geschlagen, in welcher Octavian oder vielmehr sein Feldherr
Agrippa einen glänzenden Sieg und mit ihm die Krone für seinen Herrn
errang. Auch hier war die Liebe zu Kleopatra das Verderben des Anto¬
nius. Mitten im Kampfe verließ die ägyptische Königin mit ihren Schiffen
fliehend, die Schlacht. Antonius, aller Besonnenheit baar, eilte ihr nach
und überließ seinen Gegnern den Sieg. Das Landheer wartete sieben Tage
aus des Antonius Rückkehr, dann ergab es sich dem Octavian. Dieser
verfolgte den Gegner nach Alexandrien, wo er im Sturme schwelgerischer
Genüsse sein Verhängniß zu vergessen suchte. Als endlich auch das ägyp¬
tische Heer zu dem Feinde überging, stürzte sich Antonius, von Allen ver¬
lassen, in sein Schwert; Kleopatra aber schmückte sich, um den Sieger
Octavian, wie einst seinen Großoheim Cäsar und Antonius, mit ihren Reizen
zu entwaffnen. Allein Octavian empfing sie kalt; Kleopatra fühlte, daß
hier ihre Macht zu Ende sei. Den Triumphzug des stolzen Eroberers zu
schmücken, war sie zu stolz. An Allem verzweifelnd, gab sie sich selbst den
Tod; die Sage berichtet, sie habe sich giftige Schlangen an die Brust ge¬
legt, nach andern Nachrichten hatte sie ein schnell tödtendes Gift, wie einst
Demosthenes im Griffel, so in einer Haarnadel verwahrt.
Nach der Schlacht bei Actium hatte Octavian sein Ziel erreicht; er
war Herr des römischen Reiches und die republikanische Freiheit war zu
Grabe getragen. Es gab keinen Senat mehr, den Cineas einst in einem
Berichte an den König Pyrrhus „eine Versammlung von Königen" nannte,
sondern nur verweichlichte Söhne der alten Patricier oder listige Empor¬
kömmlinge. Es gab kein römisches Volk mehr, welches im Bewußtsein
seiner Herrschermacht, seiner Tapferkeit und Redlichkeit darauf bedacht war,
den Ruhm und die Größe des Vaterlandes zu erhöhen. Die vier Mil¬
lionen Menschen, welche in Rom zusammenströmten, — theils im bestän¬
digen Kriegsdienste verwilderte Veteranen, theils durch Bestechungen der
Großen an Müßiggang und Wohlleben gewöhnte Fürstendiener, theils mit
dem römischen Bürgerrecht beschenkte Freigelassene aus allen Provinzen des
Reiches — hatten kein vaterländisches Interesse. Senat und Volk bezeigten
eine ungetheilte Freude bei der Nachricht, daß Octavian gesiegt habe. Es