16
Fabrikbesitzer waren frei. Zur Erhaltung des Heeres schuf er eine be¬
sondere „Rekrutenkasse". In diese mußte jeder, der ein neues Amt
oder einen neuen Titel erhalten hatte, eine bestimmte Summe zahlen. Bei
solch bunter Zusammensetzung des Heeres mußte die Kriegszucht sehr
streng gehandhabt werden. Jedes Vergehen wurde streng bestraft. Die Kor¬
porale führten beim Exerzieren einen langen Stock, mit dem sie jede Nach¬
lässigkeit, jede Unaufmerksamkeit und jeden falschen Griff straften. Die grau¬
samste Strafe war das Spießrutenlaufen, womit gewöhnlich die Aus¬
reißer bestraft wurden. Es wurden dann 100—300 Soldaten in zwei Reihen
aufgestellt, von denen jeder einen tüchtigen Stock in der Hand hatte.
Durch diese Gasse wurde der eingefangene Ausreißer langsam 6—12
mal hindurchgeführt, und jeder der Soldaten, an dem er vorbeischritt, mußte
ihm einen tüchtigen Hieb versetzen. Zu teilweiser Entschuldigung dieser bar¬
barischen Zucht konnte die Roheit der Soldaten selber dienen.
Ausgabe: Erzähle von der strengen Zucht lm Heere!
b) Leopold von Dessau. Der treueste Gehilfe des Königs in militärischen
Dingen war der Fürst Leopold von Dessau, gewöhnlich „der alte
Dessauer" genannt. Er war regierender Fürst von Anhalt, blieb aber in
preußischen Militärdiensten, weil er ebenso wie Friedrich Wilhelm ein großer
Soldatenfreund war. Er führte nicht nur den Gleichschritt beim Marschieren
ein, sondern ersetzte auch die hölzernen Ladestöcke durch eiserne, so daß
der Soldat jetzt mit einem Stoße desselben laden konnte, was früher mit
dem hölzernen nicht möglich war. Auch führte er das Bajonett und das
gleichzeitige Feuern ein. Doch ehe es soweit kam, daß auf ein Kommandowort
die ganze Schar wie ein Mann exerzierte, lud und schoß, setzte es weidliche
Püffe und Schläge mit dem Korporalstocke. Der alte Dessauer führte auch
die preußischen Truppen, die schon damals in ganz Europa als Muster-
truppen galten, in auswärtigen Kriegen.
Aufgabe: Erzähle vom alten Dessauer, dem strengen Lehrmeister des Heeres!
e) „Die langen Kerls". Eine besondere Vorliebe hatte der König, den
man wegen seiner Neigung für das Soldatenwesen überhaupt den „Sol¬
datenkönig" genannt hat, für recht lange Soldaten; diese Vorliebe steigerte
sich nach und nach zur Leidenschaft. Aus den längsten derselben bildete
er in Potsdam ein Leibregiment; die Soldaten desselben nannte er nur
„die langen Kerls" oder auch wohl meine „lieben, blauen Kinder",
beim Volke aber hießen sie „die Potsdamer Riesen"; denn wahre Riesen¬
gestalten befanden sich darunter, solche, denen ein Mann von gewöhnlicher
Größe mit ausgestrecktem Arm noch nicht bis zur Stirn reichen konnte. Der
sonst so sparsame König scheute weder Kosten noch Mühen, diese langen Kerls