Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

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er nicht!" Wenn er in Zorn geriet, was sehr leicht geschah, dann regnete es 
Scheltworte, ja nicht selten Stockschläge. Einst flohen im Schloßgarten zwei 
Juden aus Furcht vor seinem durchbohrenden Blicke. Er holte sie ein und 
erhielt auf seine Frage, warum sie geflohen seien, die Antwort: „Weil wir 
uns vor Ew. Majestät fürchten." Da geriet der König in heftigen Zorn. 
„Ihr sollt mich nicht fürchten, ihr sollt mich lieben!" rief er und zerbleute 
ihnen mit seinem Stocke den Rücken. Unter seinem rücksichtslosen, tyrannischen 
Wesen hatten auch Frau und Kinder viel zu leiden. Trotz aller Härte abep 
meinte er es gut mit seiner Familie und gut mit seinem Volke, das während 
seiner Regierung von persönlicher Freiheit allerdings nichts wußte, sondern sich 
blind dem Willen des Königs fügen mußte. Was ihm gefallen sollte, mußte 
einfach und nützlich sein; das faßte sein natürlicher Verstand rasch und scharf 
auf. Seine Frömmigkeit war schlicht und aufrichtig; täglich hielt er Haus¬ 
andachten und besuchte fleißig den Gottesdienst. Von früh bis spät war er 
unermüdlich tätig. Schon in früher Morgenstunde erhob er sich, hielt seine 
Morgenandacht, arbeitete mit den Ministern und ging zur Parade. Um 
12 Uhr speiste er, einfache, kräftige Hausmannskost, wie sie auf dem Tisch 
wohlhabender Bürger gewöhnlich war. Dann ritt er meist aus, aufmerksam 
aus alles, was ihm unter die Augen kam, besonders die Berliner Bauten; 
denn um alles bekümmerte er sich selbst; auf alles hatte er acht, so daß seine 
Beamten vor ihm zitterten. Er sagte: „Zur Arbeit sind die Regenten erkoren, 
nicht aber, um ihre Tage im Genusse zuzubringen. Will ein Fürst mit 
Ehren seine Regierung führen, so muß er alle seine Geschäfte selbst vollziehen." 
Er liebte einfache, kräftige Kost, wie sie auf dem Tische wohlhabender Bürger 
zu finden war; nur wenn hoher Besuch kam, durfte die Tafel mit feinen, teuren 
Speisen besetzt werden. 
Ausgabe: Erzähle von dem täglichen Leben des Königs! 
b) Des Königs Erholung. Ebenso einfach und anspruchslos wie in Nah¬ 
rung, Kleidung und Wohnung war er auch in seinen Erholungen und Ver¬ 
gnügungen. Nach der Arbeit des Tages versammelte er eine Anzahl Generale 
und höhere Offiziere, auch wohl Minister, fremde Gesandte und andere Leute 
zu einer Abendgesellschaft, die das.Tabakskollegium hieß. Da der König 
gern Tabak rauchte, sah er es gern, wenn alle um ihn her dasselbe taten. 
Auf dem Tisch lagen holländische Tonpfeifen; in geflochtenen Körbchen 
befand sich holländischer Tabak, und daneben glimmte in kleinen Pfannen 
Torf zum Anzünden. Auf einem Nebentische lag Brot, Butter, kalter Braten 
und Schinken zu einem tüchtigen Imbiß, wovon jeder Gast nach Belieben 
nehmen konnte; an jedem Platze stand ein tüchtiger Bierkrug. Jeder bediente 
sich selbst: Bediente wurden nicht im Zimmer gelitten, damit die Unterhaltung 
desto zwangloser sein konnte; denn zwanglos wurde gegessen, getrunken, 
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