Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

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gegen. Auch jetzt verstärkte er sein Heer fort und fort, zögerte aber mit dem 
Angriff. Da beschloß Friedrich, das Manöver mit den Sachsen vom vorigen 
Jahre zu wiederholen, mit einem Teile der Prager Belagerungsarmee Daun 
entgegenzugehen, ihn zu schlagen, dann Prag einzunehmen, nach Wien zu 
marschieren, dort den Frieden zu diktieren und so den Krieg mit einem 
Schlage zu beendigen. Denn jeder Tag war ihm kostbar, da er wußte, 
daß Russen, Schweden, Franzosen und Reichstruppen sich von allen Seiten 
seinen Staaten näherten. 
Bei Kollin an der Elbe traf er am 18. Juni mit etwa 31000 
Mann auf einen weit überlegenen Feind von 54 000 Österreichern und 
Sachsen, die eine durch Schluchten, Hohlwege und sumpfige Wiesen hin¬ 
länglich gedeckte Stellung auf den Höhen bei Kollin einnahmen. Ein Teil 
der österreichischen Armee stand am Abhange, der andere auf dem Gipfel des 
Berges. Eine zahlreiche Artillerie, in zum Teil unersteiglicher Stellung, 
schien jeden Angriff unmöglich zu machen. Dennoch griffen die Preußen 
an. Friedrich hatte einen vortrefflichen Schlachtplan entworfen. Alles ging 
gut; der Husarengeneral Zieten schlug die feindliche Reiterei zurück; das 
preußische Fußvolk erstürmte die Höhen; schon begannen die feindlichen 
Reihen zu wanken; schon hielt sich Daun für verloren und gab den Befehl 
zum Rückzug, da gerieten die Preußen durch die Fehler einzelner Führer in 
eine ungünstige Stellung, in der sie dem furchtbaren Kanonenfeuer des 
Feindes, der jetzt standhaft aushielt, ausgesetzt waren. Siebenmal versuchten 
sie den Ansturm gegen die feindlichen Batterien; zum letzten entscheidenden 
Stoß aber fehlten die Kräfte, denn sie hatten kein frisches Bataillon mehr 
in den Kampf zu führen. Jetzt machten sächsische und österreichische Reiter¬ 
regimenter einen Angriff auf das erschütterte preußische Fußvolk und zer¬ 
schmetterten es Stoß auf Stoß. Friedrich selbst stürzte sich mit Todesverachtung 
in das dichteste Getümmel. Er sammelte von den Flüchtigen ein Häuflein von 
40 Mann und führte es gegen eine feindliche Batterie. Als alle gefallen 
waren oder sich verlaufen hatten, fragte ihn sein Adjutant: „Wollen Ew. 
Majestät die Batterie allein erobern?" Da endlich blieb der König stehen, 
betrachtete durch das Fernrohr noch einmal unerschrocken die Stellung der 
Feinde, ging dann ruhig zurück und gab den Befehl zum Rückzüge, der unter 
Zietens Schutz auch unbelästigt vollführt wurde, da Daun, froh des ersten 
errungenen Sieges über die Preußen, seinen Feind nicht verfolgte. Friedrich 
hatte 14000 Mann an Toten und Verwundeten, 29 Fahnen und 43 Geschütze 
verloren. 
Unbeschreiblich war die Betrübnis des preußischen Heeres über diese 
Niederlage. Friedrich selbst war tief bewegt. Als man auf dem Rückzüge in 
einem Dorfe Rast machte, um die Pferde zu tränken, trat ein alter Husar
	        
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