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Verderben. Zu Hunderten wurden sie hier niedergeschmettert. Es war ein
fürchterliches Blutbad. Zwar ordneten sich schnell einige Regimenter und
leisteten den entschlossensten Widerstand, allein der dichte Nebel verhinderte
jedes Zusammenwirken der verschiedenen Truppenabteilungen. Trotz der un¬
aussprechlichen Verwirrung drängte das bald in Schlachtordnung stehende
Fußvolk die Österreicher an einigen Stellen zurück, mußte aber der feind¬
lichen Übermacht weichen. Auch die Reiterei unter Seydlitz und Zieten hieb
wacker auf den Feind ein. Der Hauptkampf entspann sich um das hoch¬
gelegene Dorf Hochkirch, das bald in Flammen stand, aber trotzdem aufs
tapferste verteidigt wurde. Ter König selbst rückte mit einigen Regimentern
heran, das Dorf zu retten. In der schmalen Dorfgasse häuften sich die
Leichen. Indem die Anführer bemüht waren, die zerrissenen Reihen zu
ordnen, nahm eine Kanonenkugel dem Prinzen Franz von Braunschweig den
Kopf weg. Der greise Feldmarschall Keith bekam, nachdem er die Batterie
wiedererobert, einen Schuß in die Brust, stürzte zu Boden und gab ohne
einen Laut seinen Heldengeist aus. Auch der Feldmarschall Fürst Moritz von
Dessau wurde schwer verwundet zu Boden gestreckt und starb einige Tage
später. Nur auf dem Friedhofe hielt ein Bataillon Preußen tapfer aus, aber
vergeblich war die verzweifeltste Tapferkeit, das Dorf von hier aus wieder zu
erobern. Als sich endlich der Nebel verzog, konnte man das mit Leichen über¬
säte Schlachtfeld erblicken. Jetzt sammelte Friedrich mit bewunderungswür¬
diger Ordnung seine Truppen und gab den Befehl zum Rückzug, den Daun
nicht zu stören wagte. Unter dem Schutze der noch geretteten preußischen
Kanonen und der Reiterei sammelte sich die Infanterie und zog ungestört ab,
um ungefähr eine Stunde vom Schlachtfelde entfernt aufs neue Stellung zu
nehmen und den Angriff Dauns abzuwarten. Dieser aber begnügte sich mit
dem errungenen Siege. Friedrich hatte bei diesem Überfall 9000 Mann,
101 Kanonen und sämtliches Gepäck verloren, so daß seine Krieger in der
kühlen Jahreszeit ohne Zelte unter freiem Himmel lagern mußten. Aber
auch der Verlust der Österreicher betrug 8000 Mann.
Fast alle preußischen Generale, die den Tag überlebten, waren verwundet.
Selbst der König hatte eine leichte Wunde. Er hatte sich ins stärkste Feuer
gewagt; ein Pferd wurde ihm unterm Leibe erschossen, und zwei Pagen
stürzten tot an seiner Seite nieder. Aber nie zeigten sich sein Geist und
seine Fähigkeiten in einem so glänzenden Lichte, als in dieser fürchterlichen
Nacht, die, anstatt seinen Ruhm zu schwächen, nur zur Erhöhung desselben
beitrug. Bald hatte er sich gefaßt und suchte sich über das Unglück hinweg¬
zuscherzen. Einen seiner Generale begrüßte er mit den Worten: „Mein lieber
General, man hat uns nicht gut geweckt." Als dieser antwortete: Man
pflegt gewöhnlich diejenigen im Schlafe zu stören, die man am Tage nicht