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sprechen kann," entgegnete er: „Er hat recht, aber ich werde den Herren,
die uns so geweckt haben, am hellen Tage ihre llnhöflichkeit verweisen."
Als er die sich sammelnden Artilleristen fragte: „Wo habt ihr eure Kanonen?"
antwortete einer: „Der Teufel hat sie in der Nacht geholt." Lächelnd er¬
widerte Friedrich: „Nun, so wollen wir sie ihm bei Tage wieder abnehmen."
Daun erhielt für seinen Überfall ein sehr gnädiges Schreiben seiner
Kaiserin, einen goldenen Degen von der Kaiserin von Rußland, eine Ehren¬
säule in der Stadt Wien und ein Geschenk von 300000 Gulden. Selbst der
Papst übersandte ihm einen geweihten Hut und Degen. Trotzdem benutzte
er die Vorteile des Sieges nicht. Friedrich täuschte durch geschickte Märsche
und Wendungen seinen Gegner, stand schon am elften Tage seiner Niederlage
wieder in Schlesien und befreite diese Provinz von den Österreichern. Nach
einem vergeblichen Versuche, Dresden zu erobern, zog Daun nach Böhmen
zurück und bezog dort seine Winterquartiere, während Sachsen durch des Königs
Bruder Heinrich behauptet ward. So hatte also Friedrich am Ende des Jahres
die Folgen seiner Niederlage bei Hochkirch fast in die eines glänzenden Sieges
verwandelt.
Auch die Franzosen waren im Jahre 1758 wieder über den Rhein ge¬
kommen. Die Engländer hatten ein neues Heer gebildet und sich von Friedrich
einen tüchtigen Anführer erbeten. Dieser, Prinz Ferdinand von Braun¬
schweig, errang bald Vorteile über die Franzosen, trieb sie aus dem aus¬
gesogenen und verwüsteten Westfalen über den Rhein zurück und schlug sie
im Sommer 1758 in einer blutigen Schlacht bei Krefeld. So hatte
Friedrich wenigstens von dieser Seite Ruhe gehabt.*)
*) Von dem unter Friedrichs Soldaten herrschenden Geist erzählt uns folgende
Geschichte:
Der schwarze Husar.
Im Jahre 1768 wurde ein preußischer Husar von den Franzosen gefangen und
ins Hauptquartier gebracht. Der französische Oberbefehlshaber selbst wollte ihn sprechen;
denn die Gefangennahme eines preußischen Husaren war ein seltener Vorfall. Dieser
Krieger gehörte zu dem schwarzen Regiment. Jeder Reiter desselben hatte seinen
Leib in Kleidungsstücke gehüllt in der Farbe der Trauer und trug überdies einen
Totenkopf an der Stirn. Schon der bloße Anblick dieser Husaren flößte Schrecken ein,
auch waren sie den tapfersten Regimentern des französischen Heeres furchtbar. Man
hatte die Sage verbreitet, daß sie bei Widersetzlichkeit des Feindes nie Pardon gäben,
und die Husaren selbst bestätigten dies Gerücht, um desto leichter zu siegen. Es wirkte
auch über allen Glauben: ganze Scharen flohen vor wenigen Husaren, und nicht selten
brachten einzelne dieser schwarzen Reiter ganze Trupps von Gefangenen ins Lager. Die
Unterredung des französischen Feldherrn mit dem gefangenen Husaren erfolgte durch Dol¬
metscher. Auf die Frage, wo Herzog Ferdinand von Braunschweig sich gelagert hätte, war
die Antwort: „Da, wo ihr ihn nicht angreifen werdet." Man fragte ihn, wie stark die
Armee des Königs sei; er antwortete, sie möchten sie aufsuchen und zählen, wenn sie
Mut genug dazu hätten. Der französische Befehlshaber hielt sich durch diese Kühnheit
nicht beleidigt; sie gefiel ihm vielmehr und veranlaßte ihn, den Husaren zu fragen, ob