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d. Sorge für das Heer. Große Vorliebe hatte der König für die
Soldaten. Er erkannte, daß Preußens Macht wesentlich auf einem starken
und geübten Heere beruhe. Deshalb vermehrte er die Zahl seiner Soldaten
bis auf 90 000 Mann und sorgte unermüdlich für ihre Ausbildung.. Von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wurden die Soldaten geübt. Überall
wurde Pünktlichkeit und Genauigkeit mit größter Strenge gehandhabt. Alle
Übungen mußten mit der größten Sorgfalt ausgeführt werden; wenn ein
ganzes Regiment marschierte, hörte man nur einen Tritt. Besonderes Ge¬
wicht wurde auf schnelles und sicheres Schießen gelegt. Fürst Leopold von
Dessau, von den Soldaten der „alle Dessauer" genannt, ruhte nicht, bis des
Königs Soldaten die am besten ausgebildeten Truppen in Europa waren. —
Die Behandlung der Soldaten war demnach sehr streng; Stockschläge, Spie߬
rutenlaufen und Erschießen kamen oft vor.
Am liebsten hatte der König recht große Soldaten. Sein Leibregi-
utent bestand aus lauter Riesen, die er oft mit sehr großen Kosten aus aller
Herren Länder hatte anwerben lassen. Wenn ein Herrscher dem Könige eine
Freude machen wollte, schenkte er ihm ein paar „lange Kerls", wie der König
die Soldaten nannte. Für seine Soldaten war der König sehr besorgt,
schenkte ihnen Grundstücke und baute ihnen Häuser. Einst brachte ihm ein
Bote die Nachricht, ein großes Unglück sei geschehen. Der König erblaßte und
-rief ungeduldig: „Was bettn?" — „Der Turm der Petrikirche ist eingestürzt."
— „Wenn's weiter nichts ist; ich dachte, der Flügelmann wäre gestorben!"
rief der König aus.
e. Vergrößerung des Landes. Trotz seiner Vorliebe für die Soldaten
hat Friedrich Wilhelm I. den Krieg vermieden. Doch gelang es ihm, Stettin
und die Odermündungen zu erwerben. Die Bevölkerung des Landes hatte sich
unter seiner Regierung bedeutend vermehrt; das Heer war sehr stark und vor¬
züglich eingeübt. Die Einkünfte des Landes hatten sich verdreifacht und waren
streng geregelt, das Land hatte keine Schulden, und im Staatsschätze befanden
sich fast neun Millionen Thaler. So hatte Friedrich Wilhelm I. den Grund
gelegt zu den großen Unternehmungen, durch welche sein Sohn die Welt in
Erstaunen setzen sollte.
VI. König Kiedrich II., Kiedrich der Große. (1740—1786.)
Ivahlspruch: Lür Ruhm und Vaterland.
1. Jugendzeit. Friedrich der Große wurde 1712 geboren. Sein Vater
wollte, daß er ein frommer Christ, ein sparsamer Wirt und ein tüchtiger
Soldat werde. Daher erhielt der Prinz einen gründlichen Religionsunterricht
und mußte sich von früh auf eifrig am Gebete beteiligen. Schon als Knabe
von sieben Jahren mußte er alle Einnahmen und Ausgaben genau aufschreiben,
und der Vater sah das Wirtschaftsbuch regelmäßig nach. Von frühester Jugend
an mußte der Prinz Uniform tragen; er erhielt Trommel, Säbel und Gewehr
als Spielzeug und mußte schon im 10. Jahre in Wind und Wetter Schild¬
wache stehen. Aber je älter der Prinz wurde, desto weniger fand er Gefallen
an den militärischen Übungen. Ihm waren Bücher und Flöte lieber als Ge¬
wehr und Degen, und statt der steifen Uniform trug er zu Hause lieber einen
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