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unmöglich. Derartige namentlich an den Flußthälern befindliche Wälder nennt man
Dschungeln. In ihnen haust der Königstiger; auch giftige und riesengroße Schlangen
lauern auf Raub. In den Strömen leben Krokodile.
Indien ist seit alten Zeiten durch seinen Reichtum an Produkten be¬
rühmt. Im Bette der Flüsse findet man Diamanten, an anderen Stetten Rubine,
Topase und andere Edelsteine; aus dem Flußsande wird Gold gewonnen; Kupfer,
Eisen, Salz und Steinkohlen giebt es im Überfluß. Die Reisstaude und Palme
ernähren Millionen von Bewohnern; das Zuckerrohr, die Baumwollenstaude,
der Zimmetrindenbaum, der Theestrauch, die Pfeffer- und die Jngwerpflanze
versorgen alle Erdteile mit ihren Erzeugnissen. Aus dem Tierreich sind der
kluge und gelehrige Elefant, das zweihöckerige Kamel Haustiere; aber es fehlt
auch nicht an wilden und schädlichen Tieren.
Vorderindien hat gegen 292 Millionen Einwohner, die durch Ab¬
stammung, Sprache und Sitten in mehrere Völker geschieden sind. Etwa
% sind Hindus, 7? Mohammedaner.
Die Hindus sind Heiden; ihr höchster Gott heißt Brahma. Aus Brahmas Haupte
gingen, wie sie glauben, die Priester hervor, aus seinen Armen die Krieger, aus seinen
Lenden die Ackerbauer, aus seinen Füßen die Diener. Daher ist das Volk in diese
Klassen oder Kasten geteilt, die keiner verlassen kann, und die sich von einander streng
absondern. Die religiösen Gebräuche werden von den Hindus mit großer Sorgfalt be¬
obachtet; viele ertränken sich in dem Flusse Ganges, um dadurch von ihren Sünden rein
zu werden, andere legen sich die furchtbarsten Martern und Qualen auf, um ihren
Göttern wohlgefällig zu sein. Früher verbrannte sich die Witwe mit dem Leichnam ihres
Gatten auf einem Scheiterhaufen. — In der Herstellung von Geweben und Shawls
waren die Hindus seit alten Zeiten Meister; indessen haben die Engländer die indische
Gewerbthätigkeit fast vernichtet. Trotz der außerordentlichen Fruchtbarkeit des Landes ist
ein Teil des Volkes so arm, daß bei jeder Mißernte sehr viele Menschen verhungern.
Indien steht zum größten Teil unter britischer Regierung, deren Königin
den Titel „Kaiserin von Indien" führt. Das Land ist reich an sehr großen
Städten. In Kalkutta (mit etwa 860 000 Einwohnern) wohnt der englische
Vizekönig, der dieses Land beherrscht. Die Häuser der Engländer und der
anderen Europäer sind groß und prächtig gebaut, es fehlt an keinem der
Luxusgegenstände, die wir in den europäischen Hauptstädten finden, sogar Eis
wird aus Nordamerika gebracht; die Wohnungen der Eingeborenen dagegen sind
ärmlich und unansehnlich. — Bedeutende Handelsstädte sind Madras mit
450 000 und Bombay sbombof mit über 800 000 Einwohnern.
Zu Vorderindien gehört auch die schöne Insel Ceylon sßilonf mit der
Hauptstadt Colombo. Auf Ceylon gedeiht eine vortreffliche Kaffeesorte. An
der nördlichen Küste wird Perlensischerei getrieben.
2. Kinterindien, mit der Halbinsel Malakka, ist etwa viermal so groß als
Deutschland und zählt so viele Einwohner wie Frankreich. Ein Teil steht
unter der Herrschaft der Engländer; die Franzosen besitzen ein Gebiet von
etwa 700000 qkm mit 23 Mill. Einw. Unabhängig ist noch das Königreich
Siam mit der Hauptstadt Bangkok (400 000 Einw).
Das Land ist sehr gebirgig und reich bewässert. Klima, Tier- und Pflanzenwelt
gleichen denen Vorderindiens.
Zu Hinterindien gehört eine große Anzahl von Inseln, die fast ebensoviel Ein¬
wohner zählen wie Hinterindien. Da sie in der Nähe des Gleichers liegen, ist ihr Klima
heiß und für Europäer sehr ungesund. Wegen ihres großen Reichtums an Produtten sind sie
sehr wichttg. Die großen Sundainseln gehören den Holländern. Die fruchtbarste
unter ihnen ist Java, das sehr viel Zuckerrohr, Reis und Kaffee erzeugt. Sumatra
und Borneo sind nur teilweise europäischer Herrschaft unterworfen. Andere Insel¬
gruppen sind: die kleinen Sundainseln, die Molukken und Philippinen.