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Geschichte.
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weil nunmehr Ostpreußen mit den übrigen preußischen Gebieten räumlich
zusammenhing. Jetzt nannte sich Friedrich, da er Besitzer des ganzen
Preußenlandes geworden war, König von Preußen.
In dem neuerworbenen Gebiete sah es trostlos aus. Die Städte
lagen in Trümmern, wenn man in ein Dorf eintrat, so sah man elende
chütten mit beschädigten Strohdächern. Darin wohnten schmutzige Leute,
die von Roggenmehlbrei lebten und das Brot als Leckerbissen betrachteten.
Lehrer, Ärzte, Bpotheker waren nicht vorhanden. Das Volk lebte in
großer Unwissenheit und Roheit. — Kaum war Friedrich in den Besitz
dieses Gebietes gelangt, so sandte er seine tüchtigsten Beamten dorthin.
Das Land wurde in Kreise geteilt, und jeder Kreis erhielt einen Land¬
rat, ein Gericht, eine Post. Kirchen und Schulen wurden gebaut, und
nacb und nach besserten sich die Zustände.
2. Persönlichkeit und Lebensweise des Aönigs. Die großen
Trfolge, die Friedrich im Kriege und tm Frieden hatte, erklären sich aus
seiner Persönlichkeit und seiner Lebensweise.
Der König lebte sehr einfach und sparsam. „Da Preußen arm
ist, so muß der Herrscher dieses Landes sparsam sein und in seinen An¬
gelegenheiten die strengste Ordnung halten," so sagte er. Tr hatte für sich
ein Gehalt von f 200000 Talern ausgesetzt. Davon verbrauchte er aber
nur den sechsten Teil; alles übrige verwandte er für das Wohl seiner
Untertanen. Ze älter er wurde, desto mehr schränkte er sich ein. Sechs
Diener genügten ihin; sein Rock war oft abgetragen, sein thut abgegriffen.
Obwohl ihm früher die Pünktlichkeit seines Vaters verhaßt gewesen
war, teilte er als König seine Zeit sorgfältig ein. Das war auch
uötig, um die vielen Geschäfte pünktlich zu erledigen. Tr allein entschied;
seine Minister führten nur aus, was er bestimmte. „Nichts aufschieben,"
war sein Grundsatz. Friedrich schlief nur wenige Stunden. Im Sommer
um im Winter um 5 Uhr erhob er sich von seinem Lager, und nun
war der Tag genau eingeteilt. Zunächst las er die eingegangenen
Schriftstücke und versah sie mit den nötigen Randbemerkungen, so daß
seine Sekretäre die Nntwort abfassen konnten. Darauf schrieb er Briefe
uud erteilte Audienzen. Zedermann hatte in wichtigen Angelegenheiten
bei ihm Zutritt. Ttwa um \ f Uhr besichtigte er die Truppen. Punkt
\2 Uhr wurde das Mittagsmahl eingenommen, bei dem er eine an¬
regende Unterhaltung sehr liebte. Nach Tische blies er die Flöte, unter¬
schrieb die inzwischen ausgefertigten Schriftstücke, empfing Gelehrte und
Künstler und schrieb an seinen Werken. Nur Abend wurde oft musiziert.
Alljährlich bereiste der König seine Provinzen, um überall uach
dein Rechten zu sehen. Dann mußten die Beamten und höheren Offiziere
vor ihm erscheinen und ihm über die verschiedenen Angelegenheiten
berichten. Der König bekümmerte sich selbst um alle Tinzelheiten: um
den Anbau der Feldfrüchte, um die Viehzucht, die Fabriken usw.