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Verwaltung. Er hat das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung
der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit es fordert, sofort ein¬
zuschreiten und vorläufige Anordnungen zu treffen.
36. Unsre UrovinziaLordnimg.
1. Am 1. April 1885 trat für die Provinz eine neue Provinzial¬
ordnung in Kraft. Danach bildet Hannover, wie die andern preußischen
Provinzen, einen Provinzialverband zur Selbstverwaltung seiner An¬
gelegenheiten. Alles, was bis dahin die alten Provinzialstände ver¬
waltet hatten, ging nun in die Verwaltung des Provinzialverbandes
über. Dieser muß innerhalb seines Bezirks die Staatschausseen oder
großen Heerstraßen verwalten und unterhalten, Landstraßen chaussee¬
mäßig ausbauen, den Ausbau von Gemeindewegen unterstützen, das
Eigentum der Provinz an Forsten und Mooren verwalten und ver¬
bessern. Daneben hat die Provinz für Unterhaltung und Unterstützung
der Irrenanstalten zu Hildesheim, Göttingen und Osnabrück, der
Taubstummenanstalten zu Hildesheim, Stade und Osnabrück und der
Blindenanstalt zu Hannover zu sorgen. Auch das Korrigenden- und
Landarmenwesen, dem das Werkhaus zu Moringen und die Korrektions¬
und Landarmenanstalten zu Himmelsthür und Wustorf dienen, unterliegt
der Fürsorge des Provinzialverbandes; desgleichen unterstützt er Wohl¬
thätigkeitsanstalten, milde Stiftungen, Heil- und Pflegeanstalten für
geistesschwache und Erziehnngs- und Rettuugsanstalten für verwahrloste
Kinder. Auch die Landeskreditanstalt ist in die Verwaltung des
Provinzialverbandes übergegangen. Zu Ebstorf besitzt die Provinz eine
eigene Ackerbauschule. Die Landwirtschaftsschule zu Hildesheim, sowie
die landwirtschaftlichen Winterschulen unterstützt sie durch Zuschüsse. Zur
Pflege von Kunst und Wissenschaft unterhält sie die Landesbibliothek,
das Provinzialmuseum zu Hannover und unterstützt andere öffentliche
Sammlungen, welche der Kunst und Wissenschaft dienen. Schließlich
bilden die landwirtschaftliche Berufsgenossenschast, welche die in land¬
wirtschaftlichen Betrieben sich ereignenden Unfälle versichert, und die
Alters- und Juvaliditätsversicherungsanstalt Hannover mit der Zahl X
besondere Angelegenheiten der Provinz. Zur Bestreitung der Kosten
erhält sie aus Staatsmitteln eine jährliche Rente von mehr: als
3 Millionen Mark.
2. Zur Regelung aller dieser Angelegenheiten beruft der König
durch den Oberpräsidenten den Provinziallandtag. Dieser giebt Ord¬
nungen, Statuten und Reglements für die Provinzialanstalten, beschließt
über Einnahme und Ausgabe und stellt die erforderlichen Beamten
an; außerdem hat er über alle Gesetze, welche die Provinz betreffen,
sein Gutachten abzugeben. Der hannoversche Provinziallandtag besteht
aus 99 Abgeordneten aller Stadt- und Landkreise der Provinz. Die
Abgeordneten der Landkreise werden von dem Kreistage, die der Stadt-