I Pie Zeit der Reformation. — 6. Karl V. und die Reformation. 8\ 
weg. So zeigte er sich maßvoll und großmütig. Johann Friedrich 
mußte sein Land und die Rurwürde an Moritz abtreten. 
Buch Philipp von Liessen, das andere Haupt des Schmalkaldischen 
Bundes, unterwarf sich dem Kaiser. Er wurde aber gefangen gehalten 
und mußte ihm, wie Zohann Friedrich, auf allen seinen Zügen folgen. 
6. Das Augsburger Interim und der Augsburger 
Religionsfriede J555. Nach diesen Erfolgen war die Macht des 
Kaisers sehr groß, und es schien, als könne er ganz Deutschland seinen 
willen aufdrücken. Er betrachtete sich selbst als Gesetzgeber der Kirche 
und ließ daher eine Schrift ausarbeiten, die inzwischen (interim) 
bis zur Entscheidung durch ein allgemeines Konzil gelten sollte und das 
Nugsburger Interim genannt wurde. Dasselbe gestattete den Evan¬ 
gelischen den Kelch beim Abendmahls uitd die j^riesterehe, im übrigen 
verlangte es aber Rückkehr zur katholischen Kirche, wenn Karl hoffte, 
hierdurch beide Parteien zu versöhnen, so hatte er sich sehr geirrt. 
Niemand war mit der neuen Vorschrift zufrieden, so daß man sagte: 
„Das Interim hat den Schalk hinter ihm." 
Besonders lebhaft wehrte sich Magdeburg gegen die Annahme 
des Interims. Sn dieser Stadt verbargen sich alle diejenigen, die um 
ihres Glaubens willen verfolgt wurden; hier wurden viele Flugschriften 
gedruckt, die das Snterim bekämpften, so daß Magdeburg damals den 
Beinamen „unsers Herrgotts Kanzlei" erhielt. Die Stadt wurde vou 
Karl V. mit der Acht belegt, und Moritz von Sachsen erhielt den 
Auftrag, sie auszuführen. Er erschien auch vor der Stadt und belagerte 
sie; aber schon längst war er dem Kaiser nicht mehr zugetan, sondern 
plante, von ihn: abzufallen; denn es schmerzte ihn tief, daß sein 
Schwiegervater Philipp von Hessen noch immer in harter Kerkerhaft 
gehalten wurde. Ferner fürchtete er, daß durch die wachsende Macht 
des Kaisers die Rechte der deutschen Fürsten geschmälert würden. 
Schnell schloß Moritz mit Magdeburg Frieden, zog mit seinem Heere 
durch Süddeutschland auf Snnsbruck los, wo sich Karl gerade aufhielt, und 
bedrängte ihn so, daß er mit ihm \552 den j)assauer Vertrag ab¬ 
schließen nach dem außer Zohaun Friedrich, der bereits frei ge¬ 
lassen war, auch Philipp seine Freiheit erhielt und das Snterim aufgehoben 
werden sollte. So war Moritz, der früher der „Judas von Meißen" 
genannt wurde, der Netter der evaugelischen Sache geworden. 
Karl V. trat von nun an nicht mehr gegen die Evangelischen auf. 
Es kam vielmehr zum Augsburger Religionsfriedeu, in dem 
folgendes festgesetzt wurde: Die lutherischen Fürsten erhalten freie Religions¬ 
übung, und jeder weltliche Fürst darf zwischen dem katholischen und dem 
lutherischen Glauben wählen. Die Untertanen müssen die Religion des 
Landesfürsten annehmen nach dem Satze: „Westen das Land, dessen die 
Religion." wer damit nicht einverstanden ist, darf auswandern, wenn 
Realienbuch. 6
	        
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