Contents: Bilder aus den neuen Reichslanden und aus dem südwestlichen Deutschland (Bd. 3)

276 Odenwald und Bergstraße. 
noch höher hinauf, denn auch den Gipfel deckt hoher Wald. Diesen über- 
ragt der im Jahre 1772 erbante Thurm. Im Sommer trifft man meist 
den Schließer an Ort nnd Stelle. Ein oben befindliches Fernrohr unter- 
stützt unser Auge. 
Eine reiche Landschaft thnt sich uns hier auf. Blickeu wir zunächst 
nach Osten und Süden. Da grüßen uns auf unserer Warte die drei an- 
deren Warten des Odeuwaldes, die Thürme des Otzbergs, des Katzenbuckels, 
des Köuigsstuhls. Dazwischen breitet sich der Odenwald aus, iu der Nähe 
die mannichfach gestalteten Kuppen des Granitgebirges, weiterhin die ein¬ 
förmigen Rücken des Sandsteingebietes, die Höhen meist bewaldet, die Ge- 
hänge dem Feldbau dienend; einzelne Blicke reichen in Thäler, auf Dörfer 
und Höfe. Deuen, die schon Morgens kurz uach Sonnenaufgang hier sind, 
zeigt sich an den Dünsten, die wol den Wiesen entsteigen, die Gliederung 
des Gebirges recht deutlich. Im Nordosten begrenzt der Spessart den 
Blick, im Norden und Nordwesten die schöngeformten Berge des Taunus. 
Das bewaffnete Auge erkennt einzelne Ortschaften der Gegend von Frank- 
fnrt und wol auch Thurmspitzen der Stadt selbst. Mit dem Taunus scheint 
weiter links der Huusrück zusammenzuhängen. An der ganzen Westseite 
liegt ausgebreitet vor uns die weite Rheinebene, begrenzt vom fernen Rücken 
des Donnersberges, von der Hardt, von der wir Morgens einzelne Burgen, 
Ortschaften, Häuser erkennen können, und von dem Wasgenwalde. Dann, in 
Südsüdwest, zeigt sich auf eine kleine Strecke ebener Gesichtskreis, und dann 
wieder erhebt sich der Schwarzwald bei Baden. Die Ebene ist durchströmt 
vom Rheine; der Strom zeigt sich an vielen Stellen, je nach Wetter 
und Sonnenstand, silberweiß oder gotdglänzend. Auch deu Neckar erblicken 
wir, und manch kleines Wasser. Deutlich ist zu erkennen, wie saft alle 
Bäche, nachdem sie das Gebirge verlassen, sich, der nördlichen Neigung 
der ganzen Rheinebene folgend, nordwestlich wenden. Zwischen der Berg- 
straße und dem Rheine, von beiden meist etwas entfernt bleibend, zieht sich 
dunkle Kiefernwaldung hin; sie bezeichnet ein etwas höher gelegenes san- 
diges Laud — Geestland würde man es im Norden nennen — die alten 
Rheindünen. Vergessen wir aber über der Ferne nicht die Nähe. Unten 
zu unseren Füßen schauen aus waldigen Wogen das Alsbacher und das Auer- 
bacher Schloß hervor, weiterhin die Starkenburg, die Höhen der Bergstraße, 
die Straße selbst mit ihren schattigen Bäumen. Und überall Anbau; ein 
reiches Land, reich durch die Natur und durch den Fleiß der Menschen. 
Die Dörfer und Städte, die alle da unten liegen, wir können sie nicht zählen. 
Auf einige doch müssen wir schauen. Da ist vor dem Walde Lorsch. Hier 
war ein reiches Benediktinerkloster, dessen Gründung bis in die karolingische 
Zeit hinaufreicht; wenige Gebände stehen noch als seine Reste da. Am 
Neckar Ladenburg, das Lupodunum der Römer, mit zweithürmiger gothi- 
scher Kirche. Am Rhein Mainz, dessen Schiffbrücke bei guter Beleuchtung 
auch dem unbewaffneten Auge erscheint; Oppenheim mit der hochgelegenen, 
von den Franzosen zerstörten, nur theilweise wieder hergestellten Katharinen- 
kirche; Worms, dessen Domthürme man für aufragende Pappelu halten könnte;
	        
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