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A. Europa.
die Dörfer zurück zu ziehen, daher der Name Pagani, von pagus
ein Dorf. Theodosius hatte kurz vor seinem Tode 395 das Reich
unter seine beiden Söhne Arcadius und Honorius getheilt, so daß
ersterer den Orient, letzterer die Abendländer erhielt; eine Thei¬
lung, welche wohl gegen den Willen ihres Urhebers zu einer immer¬
währenden Trennung ward. Schon unter dem schwachen Hono¬
rius ging der größte Theil des abendländischen Reichs verloren.
Sueven, Vandalen, Burgunder, Alanen drangen unaufhaltsam
in Gallien ein, wovon nur ein kleiner Theil noch römisch blieb,
und eroberten ganz Spanien; Britannien ward seit 426 gänzlich
anfgegeben und fiel den Picten und Scoten, später den Sachsen
anheim. Italien selbst ward von den Westgothen hart bedrängt.
Alarich, König dieses kriegerischen Volkes, drang zu verschiedenen
Malen von Jllyrien ein; bald von dem Vormunde des Kaisers,
Stilicho, zurückgeschlagen, bald mit Gelde befriedigt, kehrt er
stets wieder zurück; Rom muß sich 409, zum ersten Male seit der
Zeit der Gallier, an ihn ergeben, und weil der schwache Honorius
in Ravenna nicht Frieden schließen will, wird Rom vom Alarich
nochmals eingenommen und geplündert. Alarich stirbt, und sein
Schwager Athaulf oder Adolph schließt einen Vergleich, verläßt
Italien, und die Westgothen gründen im südlichen Frankreich ein
mächtiges Reich, dessen Hauptstadt Toulouse, welches sich tief
nach Spanien hinein erstreckt und erst 711 durch die Araber zer¬
stört ward. Honorius stirbt 423, und sein Neffe Valentinian I1Í.
ist sein eben so unwürdiger Nachfolger. Zu seiner Zeit waren die
Hunnen von vielen theils deutschen, theils sarmatischen Stämmen
verstärkt unter dem gewaltigen Attila vereinigt, welcher sich nichts
geringeres vorgenommen, als den römischen Namen zu vertilgen.
Schon längst zitterte das oströmische Reich vor ihm und zahlte
ihm Tribut, jetzt brach er mit seinen wilden Horden in Gallien
ein, wo indeß der letzte bedeutende Feldherr der Römer, Aetius,
mit Westgothen und Franken vereinigt ihn bei Chalons 451 zu¬
rückschlug. Nun wandte er sich nach Italien, zerstörte und plün¬
derte Aquileja, Mailand, Pavia und drang bis nach Ravenna
vor, wo die Bitten des Bischofs Leo des Großen und das Verspre¬
chen einer Tributzahlung ihn aufhielten. Er starb im folgenden
Jahre 453, und sein unermeßliches Reich verschwindet bald darauf
aus der Geschichte. Valentinian hatte den tapfern Aötius ermor¬
den lassen; er selbst ward von seinem Feldherrn Maximus 455 er¬
mordet, welcher sich des Throns bemächtigte und die Witwe seines
Vorgängers, Eudoxia, ihn zu heirathen zwang. Diese wendete
sich um Rache an den Vandalen-König Genserich, welcher schon
439 von Spanien aus Afrika erobert und ein vandalisches Reich
daselbst gegründet hatte. Er kam, eroberte Rom und ließ es 14
Tage lang plündern, Maximus war schon von den Römern ge-
tödlet worden; die meisten der gerauhten Kunstschätze verschlang