Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

Fluge von dem scharfen Lustzuge erstickt, durch den Wind entführt 
werden und in die unteren Thäler tot hinabsallen. Die Steme und 
Felsstücke, welche der Lawinensturm mit sich fortführt, werden oft wert 
hinausgefchleudert und in engen, wilden Thälern zuweilen den ent¬ 
gegengesetzten Bergfeiten zugeworfen. Der Brienzer See ist drei Kilo¬ 
meter breit. Lawinen, die auf feiner Bordfeite adstclen, haben zu¬ 
weilen noch in den Dörfern auf der Südfeite durch den voraufgefchickten 
Luftzug die Fenster der Häuser erschüttert. 
Den Menschen, welche eine Staublawine über sich abstürzen sehen, 
giebt man den Rat, sich schnell mit abgewandtem Gesicht an den 
^ Boden oder sonst einen festen Gegenstand zu klammern. Jedoch kommen 
die Lawinen gewöhnlich mit solcher Geschwindigkeit und erwecken dem 
Gemüte eine solche Bestürzung, daß jener Rat selten befolgt werden 
kann, und die meisten auch nach überstandener Gefahr kaum mehr 
Rechenschaft zu geben wissen, wie das Ganze zuging, und was sie selber 
zu ihrer Rettung unternahmen. Im Frühling des Jahres 1847 stürzte 
eine große Staublawine vom Niesen, einer schönen Bergpyramide am 
Thuner See, und fuhr durch eine Waldpartie, in der 16 Forstleute 
beschäftigt waren. Sechs von ihnen standen innerhalb der Schuß- und 
Sturmlinie. Das Schicksal dieser sechs war folgendes. Einer wurde 
vom Wind ergriffen und fortgeführt, und als er wieder zu sich kam, 
fand er sich in einem Busche, 300 Schritte von seinem früheren Stand¬ 
punkte entfernt. Zwei andere, Vater und Sohn, hatten sich auf den 
Boden geworfen und dort angeklammert. Auch hatte der Sohn den 
alten Vater an den Beinen gepackt, um ihn noch sicherer zu befestigen. 
Man sand sie in dieser Lage unter einem von der Lawine herab geführten 
Baume erschlagen. Zwei andere waren in der Angst ihres Herzens 
auf eine hohe Tanne geklettert, der eine weit hinauf, der andere nicht 
jo hoch. Der Sturm brach die Tanne in der Mitte ab und entführte 
jenen mit der Krone des Baumes und erschlug ihn; dieser blieb an 
dem Stumpfe hängen. Den sechsten fand man unter einem Haufen 
zufammengewehter Bäume wimmernd, zwischen Ästen und Stämmen 
eingeklammert; man zog ihn mit zerbrochenem Rückgrat hervor. 
Daß Personen und Gegenstände vom Winde aufgehoben und un¬ 
versehrt an einer entfernten Stelle im Schnee niedergesetzt werden, ist 
sehr häufig. Fast in jedem Thale wird dem Reisenden erzählt, wie 
eine Lawine einen Wanderer oder auch ein Fuhrwerk mit Kutscher, 
Pferden und allen darin Sitzenden ergriffen und in einem Nu auf me 
andere Seite des Flusses versetzt habe, ohne daß dabei auch nur em 
Riemen zerrissen sei, oder wie ein hölzernes Haus mit seinen Bewoh¬ 
nern aufgehoben und eine Strecke zum Dorfe hinausgetrieben fee, ohne 
daß dabei dem Haufe oder den Bewohnern ein Leid geschehen, und 
ähnliches mehr. ' Kohl. 
76. Die Alpenseen. 
.. ^mn der Wanderer an dem öden Felsenbette eines schäumenden 
grünlichen Bergwassers hingegangen, wo rechts und links von den steil
	        
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