Object: Bilder aus Amerika (Bd. 1)

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als sich hier wie dort die bezopften Söhne des himmlischen Reiches in 
größerer Zahl eingenistet haben; etwa 4000 Chinesen haben sich in 
dieses Gebiet gezogen. In Victoria bewohnen sie einen eigenen Stadtteil, 
in dem alles an das ferne himmlische Reich der Mitte erinnert. In den 
Verhältnissen, in denen diese Mongolen hier zusammen leben, würde ein 
Weißer einfach nicht bestehen können. Fünfzig der gelben Burschen Hausen 
in einem dnrch Verschlage in Abteilungen zerlegten Ranme, der einem 
weißen Manne gerade für seine Person genügen würde. Hier wie in 
San Francisco lagert über den engen Gassen des Chinesenviertels eine 
wahrhaft entsetzliche Atmosphäre; und was schlimmer ist: die abscheulichsten 
Laster, die widerwärtigste Unreinlichkeit, die niedrigsten Leidenschaften sind 
hier daheim. Wohl beginnt in Britisch-Eolumbien wie in Californien 
eine lebhafte Bewegung gegen die chinesische Einwanderung zu Tage zu 
treten; trotzdem kann man die wenig angenehmen Fremdlinge mit ihrer 
aller Gesittung der Weißen hohnsprechenden Art augenblicklich noch nicht 
entbehren; die Chinesen liefern aus ihrer Mitte vortreffliche Köche, ge- 
schickte und willige Stubenmädchen, vorzügliche Waschfrauen, fleißige Haus- 
knechte, geschickte Maler, Anstreicher, Schuhmacher, Schneider und sonstige 
Handwerker, mit einem Worte die besten Diener und Arbeiter. Hier wie 
iu der Union ist es die Frage, ob es jemals gelingen wird, die schlitz- 
äugigen Fremdlinge wieder aus dem Lande hinaus zu drängen. 
Wieder hat der starre Winter seine Herrschaft angetreten für lange, 
unendlich lange Zeit in den eisigen Gebieten des Nordens, wo sich dichte, 
düstere Nadelwaldungen endlos dehnen, wo sich schneebedeckte Steppen 
und Wüsten ununterbrochen bis zum nördlichen Eismeer schrankenlos 
ausbreiten. 
Da beginnt in Britisch-Nordamerika die mühselige, gefahrvolle Thätigkeit 
des Trappers und Fallenstellers, denn jetzt stehen auch die Pelztiere 
in diesen grausigen Einöden unter dem Banne der furchtbarsten Not; der 
grimmige Hunger benimmt ihnen ihre scheue Vorsicht, in Verzweiflung 
beißen sie den Köder an und liefern sich so in die Gewalt ihres 
grimmigsten Feindes, des Menschen. Einst (von 1670 bis 1869) war 
die Hudsonsbay-Company unumschränkte Gebieterin in den weiten 
Räumen des Nordens; König Georg II. von England hatte ihr das be- 
deutungsvolle Recht verliehen, in den unermeßlichen Landschaften allein 
Handel treiben und gewisse Hoheitsrechte ausüben zu dürfen; jetzt besitzt 
sie jene Hoheitsrechte nicht mehr, aber der Pelzhandel liegt vorwiegend 
noch in ihren Händen. In allen Teilen des Jagdgebietes besitzt sie kleine 
befestigte Stationen, die Forts, und Handelsniederlassungen, die Fak- 
toreien; von diesen Stützpunkten ihrer Macht aus treibt sie regen Handel 
niit den Eingeborenen. Manche derartige Stationen sind sozusagen von 
der ganzen gebildeten Welt abgeschlossen, die nächste Ansiedlung oder 
Stadt liegt wohl mehr als 1000 Kilometer davon entfernt. Schließen 
wir uns, um das eigentümliche Leben dieser Gegenden kennen zu lernen, 
einem Trupp von Trappern an! 
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