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im Dorfe lag. Städte gab es in alter Zeit noch nicht. — Die freien 
Männer beschäftigten sich mit Jag*' und Krieg. Den Acker mußten die 
Sklaven bebauen. — Eine Anzahl von Familien mit ihren Grundstücken 
bildete eine Mark, und mehrere Marken gehörten zu einem Gau, an dessen 
Spitze der gewählte Gaugraf stand, welcher über Recht und Unrecht entschied 
und im Kriege die Gautruppen anführte. — Die alten Deutschen waren tapfer 
und. hielten ihr Wort wie einen Eid. Besonders ehrte man die Frauen, und 
die Ehe galt als heilig. Auch übten sie die Gastfreundschaft und gewährten 
jedem Wanderer Obdach und Verpflegung. Gab es nichts zu tun, so lagerten 
die Männer auf weichem Bärenfell, beteiligten sich an Gelagen, ergötzten sich 
am Würfelspiel und tranken Met im Übermaß. 
Wodan und Thor. Die alten Deutschen verehrten mehrere Götter, 
unter welchen Wodan als der mächtigste galt. Dieser thront nach dem Glauben 
unserer Vorfahren in der Himmelsburg Walhalla. Er trägt einen Goldhelm 
und Goldharnisch, ist umgürtet mit einem Schwerte und hält die Kriegslanze 
in der Rechten. Zwei Raben sitzen auf seinen Schultern und verkünden ihm, 
was sie auf dem Fluge durch die Welt erschauten. Auf einem schneeweißen 
Roß reitet er aus und lenkt die Schlachten. — Wodans kraftvollster Sohn 
ist Thor oder Donar, der Donnergott. Dieser trägt einen Hammer, welcher 
stets das Ziel trifft und nach jedem Wurf in die Hand des Gottes zurückkehrt. 
Thor läßt donnern und blitzen, sendet Sonnenschein und Regen und sorgt 
für das Gedeihen der Feldfrüchte. 
Nerthus. Auch die Göttin Nerthus oder Hertha wurde von den 
alten Deutschen verehrt. Diese wohnte in einem geheimnisvollen Hain auf 
einer Insel. Auf ihrem Wagen, der mit geweihten Kühen bespannt war, 
zog sie zuweilen durch die Länder und beglückte die Menschen. War die 
Göttin des Umganges mit den Sterblichen müde, so wurde sie von den 
Priestern zurück in den Hain gebracht. 
Das jenseitige Leben. Nach dem Glauben der alten Deutschen 
wurden die in der Schlacht gefallenen, tapferen Helden von den Walküren 
oder Schlachtenjnngfrauen auf deren Rossen nach der Himmelsburg Walhalla 
zu Wodan gebracht, wo sie täglich am Festmahle und an lustigen Kämpfen 
teilnahmen. Wer auf Erden nicht in der Schlacht, sondern eines natürlichen 
Todes starb, kam in das dunkle Reich der Göttin Hel. Dort saßen die 
Guten an goldenen Tischen und Bänken, tranken Met und gedachten ver¬ 
gangener Zeiten. Die Bösen aber wurden mit Schwertern zerstochen und 
von wilden Tieren zerfleischt, so daß man nur Wimmern und Wehklagen hörte. 
Die Cimbern und Teutonen, zwei deutsche Völker, die aus Jütland 
stammten, verließen mit Weib und Kind ihre Heimat, um sich neue Wohn¬ 
sitze zu erkämpfen. Nach mehrfachen Siegen kamen sie nach Gallien (Frankreich), 
wo sich die Römer unter dem Feldherrn Marius den Teutonen entgegen- 
stellten. Bei Aix säxs im südlichen Frankreich kam es (102 v. Chr.) zur 
Schlacht, in welcher die Teutonen besiegt wurden. Die Cimbern, welche 
inzwischen über den Brennerpaß nach Italien hinabgestiegen waren, trafen 
mit dem römischen Heere bei Vereellä, auf der Randischen Ebene (in Piemont), 
zusammen und wurden von Marius ebenfalls vollständig geschlagen. 
5. K ermann, der Aefreier Deutschtands. 
Herrschaft der Römer. Zur Zeit Christi waren die Römer bis an 
den Rhein vorgedrungen. Drusus, der Stiefsohn des Augustus, zog auch 
bis in das Innere Deutschlands und gelangte sogar bis zur Elbe. Hier trat 
ihm, wie man erzählt, ein deutsches Wahrsagerweib eutgegen und rief ihm zu: 
„Wohin willst du, unersättlicher Drusus? Kehre um, das Ende 
deiner Tage ist gekommen!" Nachdem Drusus hierauf seinen Rückzug
	        
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