Full text: Größeres Handbuch für Schüler zum Gebrauche bei dem Unterrichte in Bürgerschulen und höheren Unterrichtsanstalten

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1762—1834, einfach, snmuthig und voll tiefen Gefühls. Ioh. Caspar 
Lavater, 1741 geb. zu Zürich, + das. 1801, gehört nur seiner Abstam¬ 
mung nach hierher, verfolgte als Dichter mehr die Klopstocksche Bahn; doch 
spricht auch aus seinen Schweizerliedern eine warme, patriotische Gesinnung. 
Er ist Begründer der Physiognomik. 
§ 54. Neben der hochdeutschen Sprache machen sich auch die Volks¬ 
dialekte mit Glück geltend. So dichtet I. P. Hebel in bis jetzt uner¬ 
reichter Weife in allemannischer Mundart. Er ist 1760 geb. und -s 1826 
in Karlsruhe. Seine „allemannischen Gedichte" haben die höchste Innig¬ 
keit, Zartheit und kindliche Naivität. Er ist auch Schriftsteller im Volks¬ 
tone — „Rheinischer Hausfreund", „Schatzkästlein des rhein. Haus¬ 
freundes." — I. M. listen, geb. 1763 zu Zürich, t 1827, dichtete zwei 
vortreffliche Idyllen: „De Vikari" uno „De Herr Heiri" in schweizerischem 
Dialekt. — Ioh. Konr. Grübe,!, geb. 1736 zu Nürnberg, + 1809, 
schildert das niedere bürgerliche d!eben gemüthlich, in Nürnberger Volks¬ 
sprache. — Noch schließt sich an diese Schriftsteller in besonderer Mundart 
neuerdings ein Holsteiner, Klaus Groth, welcher Treffliches im plattdeutschen 
Dialekte leistet, „Quickborn." 
Johann Wolsgang von Goethe. 
§ 55. Goethe wurde deu 28. Aug. 1749 zu Frankfurt geb., wo der 
Vater kaiserlicher Rath, der Großvater, mütterlicherseits, Textor, Schultheiß 
war. Im Jahre 1765 geht er nach Leipzig und 1770 nach Straßburg 
auf die Universität. Hier lernt er Herder kennen; 1772 arbeitet er in 
Wetzlar im Reichskammergerichte und geht 1775 im November nach 
Weimar, wo er ziemlich schnell in die höchsten Stellen einrückt. Bestim¬ 
mend für seine geistige Thätigkeit wird besonders seine Reise nach Ita¬ 
lien 1786—96 und seine Verbindung mit Schiller 1794 bis 
1805. Er ist bis in das höchste Alter geistig frisch, denn er t kurz nach 
dem Absckluß des Faust den 22. März 1832. Wie sein Leben meist 
sonnig und heiter, so auch seine Dichtungen; selbst die frühesten tragen den 
Stempel der vollkommenen Reife. So entfaltete er sich neben Schiller 
zum großartigsten Dichtergenius unsers Volkes, und wie im Leben oft 
ruht er auch im Tode an der Seite seines trefflichen Fürsten und Freundes 
Karl August. 
Goethe ist der vielseitigste unserer Dichter; in allen Gattungen der 
Poesie hat er das Höchste geleistet. Seine berühmtesten Werke sind: 
a) im Drama: Götz von Berlichingen 1772, Iphigenie 1786, Egmont 
1788, Tasso 1789, Faust, 1. Theil 1806, 2. Theil 1831. — b) Im 
Epos: Hermann und Dorothea 1797, Achilleis 1799, Reineke der Fuchs 
1793, neben den trefflichen Balladen und Legenden, e) Im Roman: 
Werthers Leiden 1774, Wilhelm Meisters Lehrjahre 1777—96, Wahl¬ 
verwandtschaften 1809, Wahrheit und Dichtung 1811—31 (Selbstbio¬ 
graphie in Romanform), ck) In der Lyrik: alle Gattungen in unerreich¬ 
barer Vollendung. Außerdem in allen Zweigen der Prosa eine Menge 
der vorzüglichsten Schriften.
	        
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