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Truppen zu einem erbitterten Straßenkampfe kam. Ganz Belgien erhob die Fahne
der Empörung und erkämpfte sich, durch ein französisches Heer unterstützt, die Los¬
trennung von Holland, mit dem es durch den Wiener Kongreß zu dem Königreiche
der vereinigten Niederlande vereinigt worden war. Der König von Holland mußte
(1830) Belgien als selbständigen Staat anerkennen.
Auf die Kunde von der Julirevolution empörten sich auch die Polen, um die
russische Herrschaft abzuwerfen; sie wurden aber trotz ihres mit Begeisterung und
heldenmütiger Tapferkeit geführten Kampfes nach mehreren blutigen Schlachten (Nieder¬
lage bei Ostrolenka 1831) überwältigt. Der Kaiser Nikolaus hob die ihnen von
Alexander I. gegebene konstitutionelle Verfassung auf und verwandelte das Land in
eine russische Provinz. Später empörten sich die Polen noch mehrmals, aber immer
ohne Erfolg.
§ 7 6. Friedrich Wilhelm IV., 1840-1801.
Nach Friedrich Wilhelm III. bestieg dessen ältester Sohn Friedrich Wilhelm IV.
den preußischen Königsthron. Er regierte ganz im Geiste seines Vaters, die Ein¬
richtungen desselben fördernd und weiter bildend, voll Fürsorge für das Gedeihen
des Landes. Zur Hebung des Wohlstandes vermehrte er die Zahl der Kanäle und
Eisenbahnen. Die Wissenschaften und Künste fanden in diesem Fürsten von hoher
Begabung und seltener Geistesbildung eine kräftige Stütze. Gern hatte er geistreiche
und gelehrte Männer, wie z. B. den berühmten Naturforscher Alexander von Hum-
boldt, in seiner Nähe. Namhafte
Künstler zog er nach der Haupt¬
stadt. Das Standbild Friedrichs
des Großen von Rauch (das gro߬
artigste Werk der bildenden deutschen
Kunst), die Werke der Maler Cor¬
nelius und Kaulbach, sowie die Er¬
neuerung prächtiger Bauten des
Altertums sind Zeugen von dem
Kunstsinne des Königs. Besonderes
Interesse zeigte er für die Vollendung
des Kölner Domes. Dem kirchlichen
Leben wandte er seine Fürsorge ganz
besonders zu; manche Gemeinde er¬
hielt durch ihn ein Gotteshaus; bei
Stiftungen der Frömmigkeit und
Wohlthätigkeit war er stets freigebig
Er gründete Kranken- und Waisen¬
häuser. Seine Gemahlin Elisabeth.
(eine bairische Prinzessin) widmete sich in christlicher Liebe der Unterstützung von Witwen
und Waisen.
Friedrich Wilhelm IV. ließ die von seinem Vater eingeführte Staatsversassuug
bestehen. Um dem immer mehr im Volke sich regenden Verlangen nach einer er¬
weiterten Teilnahme an der Staatsverwaltung entgegenzukommen, berief er 1847 die
Vertreter aus dem ganzen Volke zu dem vereinigten Landtage nach Berlin. Dadurch
wurden jedoch die Unzufriedenen nicht ganz beruhigt, und als im Februar 1848 in
Paris aufs neue eine Revolution ausbrach, entstand in Preußen, wie in ganz Deutsch¬
land, eine stürmische Bewegung, in deren Folge die absoluten Monarchien in kon¬
stitutionelle verwandelt wurden.
Abb. 71. Friedrich Wilhelm IV.