dampfender Milchsuppe, extra gekocht für den Schneider. Daß der Dummis
zu Mittag nicht fehlen würde, wußte Meister Zwirn aus alter Er¬
fahrung,- aber ein Gedanke beschäftigte ihn den ganzen Morgen, nach¬
dem er seine Nrbeit aufgenommen hatte: wie er diesmal, wo ein ganz
besonderes Gelüste sich in ihm regte, zu einer möglichst großen Portion
Dummis gelangen könnte.
Der Schneider wußte, daß er als Teilhaber an dem fröhlichen
Mahle den Hermesbur bekommen sollte, der ebenfalls gern Dummis
aß. Denn so war's noch zu meiner Kinderzeit Sitte, daß wenn ein
Schuhmacher oder Schneider auf dem Land ins Kundenhaus kam, ihm
und dem Bur besonders serviert wurde.
wenn „die Völker", wie der Bauer im Kinzigtal heute noch seine
Dienstboten nennt, gegessen hatten, wurde frisch gedeckt für den „Bur"
und für den „Meister". Je nach der Urt der Bäuerin und der (Dualität
des Bauernhofes gab's da ein mehr oder weniger großes „Herrenessen".
Die hermesbüri war bester Urt und der hermeshos der schönsten einer im
ganzen,,hambe".h
Mehr denn eine „Prise" aus der keinem Schneider der alten Zeit
fehlenden Schnupftabaksdose wanderte in die Nase des Schneidersepp,
als er an jenem Wintermorgen nachdenklich in der Stube nähte, während
der Bauer mit seinen Knechten in der Scheune seine Sommerfrucht aus-
drosch, daß es hellauf ins Tal hinuntertönte. Die Bäuerin spann mit
ihren Mägden, auf der Ofenbank sitzend, und wunderte sich, daß der
Meister heute so still war. Sonst hatte er immer das Neueste aus dem
„Städtle" erzählt und die „Wiwervölker"'h aufs beste unterhalten.
Die gute Hrau ahnte nicht, daß der Schneider seit seinem Hiersein
einem Attentat auf den Hermesbur nachbrütete. Doch als bie Bäuerin
nach zehn Uhr den Spinnrocken verließ und mit den Worten in die
Küche ging: „So, Meister, jetz willi go, d'r Dummis richte," da war
der Plan des Schneiders fertig.
Um elf Uhr rückten die Völker zum Essen an, Knechte und Mägde,
und als diese nach einer halben Stunde abzogen, ward für den Meister
und den Bur gedeckt. Suppe, Speck und Sauerkraut bildeten den Ein¬
gang, dem mein Schneider aber sehr wenig Beachtung schenkte, hierauf
brachte die Bäuerin eine Platte voll Dummis, garniert mit „huzeln",h
und jetzt ließ der Großvater eines Hofrats und meines Nagler-Nachbars
Valentin seinen Plan los. „Hermesbur," so brach er sein Schweigen,
„i Han Euer vatter no guat kennt, Han em mengeh Schöbe gemacht un
Sunntigshose us Kalbläder. 's isch a brave Mann g'si, schad', daß 'r
') Sarmersbach. 2) „tviwervölker" nennt der Rinzigtäler alle weiblichen Geschöpfe
im Haus, vom Kin6 bis zur Großmutter. ;l) Ganze, gedörrte Birnen. ^manchen.