Full text: Bayerisches Realienbuch

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das arbeitsamste und mäßigste Volk der Erde. In Porzellan, Lackarbeiten und 
Schnitzereien leisten sie ganz Vorzügliches, und Kompaß, Buchdruckerkunst und Pulver 
war ihnen früher bekannt als den Europäern. Aber sie bleiben beim Alten stehen. 
Sogar die 1876 erbaute erste Eisenbahn lag lange unbenutzt da, weil man fürchtete, 
durch ihr Geräusch die Ruhe der Toten zu stören. In neuester Zeit sind mehrere 
Bahnen im Betriebe. 
Die Religion der Chinesen ist ein grober Götzendienst. In prachtvollen Tempeln 
verehrt das Volk fratzenhafte Götzen. Am liebsten bringt man den Götzen Huldi— 
gungen, die nicht viel kosten: Verbeugungen, Räucherungen, goldene Papierschnitzel, 
Paukenschläge usw. Seit vielen Jahren sind Missionäre bemüht, die Lehre Christi 
hier zu verbreiten. In China leben etwa 1 M. Christen. 
Der Kaiser, von den Chinesen „Sohn des Himmels“ genannt, war bis 1911 
der höchste weltliche und geistliche Herrscher des Reiches. In den Tempeln waren 
ihm besondere Altäre errichtet. Jetzt ist China eine Republik. 
5. Städte. China hat noch heute die meisten Riesenstädte unter allen Ländern der Erde. 
Im Norden liegt die Hauptstadt des Landes, Peking (etwa 1,7 M.). Sie hat wie die meisten 
chinesischen Städte die Gestalt eines Vierecks, das von einer 18 m hohen, 15 mn dicken und 45 km 
langen Mauer umschlossen wird. Hier residierte der Kaiser in seinem Palaste, dem „ruhigen 
Himmelsgebiete“; hier auch liegt das „heilige Feld“, das der Kaiser selbst beackerte. In den 
schmutzigen Straßen der Stadt sehen wir neben hohen öffentlichen Gebäuden viele einstöckige 
Holzhäuser. Nördlich von Peking erblickt man ein Stück der 2000 km langen zerfallenen chinesi— 
schen Mauer. Sie wurde vor 2000 Jahren zum Schutze gegen feindliche Tartarenhorden errichtet. 
Am Jangtsekiang liegt Nanking (270 T.), mit großen Baumwollfabriken, in denen gelbes 
Baumwollenzeug (Nanking) angefertigt wird, weiter südlich die Hafenstadt Shanghai (650 T.) 
und im Süden an einer weiten Meeresbucht Kanton (900 T. ohne Vororte), wo ganze Häuser— 
reihen auf dem Wasser schwimmen. An der Ostseite derselben Bucht liegt die von den Eng— 
ländern besetzte Felseninsel ongkong mit Vietoria (170 T.), dem wichtigsten Hafen des 
südlichen Chinas für den Verkehr mit Europa. 
6. Kiautschoun siehe unter Deutsche Kolonien (S. 66). 
Japan. (Etwas größer als Preußen, 382 000 gkm — 53 M. E.) 
1. Land und Städte. Japan, gleich England ein Inselreich, besteht aus vier 
großen und vielen kleineren Inseln. Einen großen Teil der Inseln nehmen die Ge— 
birge ein; doch birgt die Erde große Reichtümer an Kohlen und Metallen in sich. 
Der Schrecken Japans sind die vielen feuerspeienden Berge, die große Verheerungen 
anrichten (Fusijama 3800 m). Auch die entsetzlichen Erdbeben, die sich als Seebeben 
nicht selten plötzlich über die Küsten ausbreiten, raffen zuweilen Tausende von Menschen 
in wenigen Augenblicken hinweg. Die Häuser sind der Erdbeben wegen selbst in den 
Städten nur 1-2 Stock hoch und ganz aus Holz erbaut. Japan hat ein Klima wie 
etwa Südeuropa. Die Täler und Abhänge der Gebirge sind von den Bewohnern 
wohl angebaut und voller Dörfer und Städte. Auf den Anhöhen wird Tee, in den 
Tälern Reis und Baumwolle gebaut. Auf der Insel Nippon liegt die Hauptstadt 
des Landes, Tokio (2,2 M.); in ihr wohnt der Kaiser (Mikado). Von hier führt eine 
Eisenbahn nach dem wichtigen Hafenorte Yokohama (fast 400 T.). Die größte Handels⸗ 
stadt ist Osaka (1,2 M.). 
2. Die Japaner sind das rührigste und unternehmendste Volk Asiens. Sie 
zeigen große Geschicklichkeit. So bereiten sie aus dem Baste des Papiermaulbeer— 
baums ein Papier, aus dem sich wasserdichte Überzieher, Regenschirme, Taschen— 
tücher usw. herstellen lassen. Ihre Seidenzeuge sind von solcher Feinheit, daß eine 
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