Object: Geschichte der Neuzeit seit 1648 (Teil 3)

Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 59 
er alle seine Erfolge zu. Dens fortitudo mea, Gott meine Stärke, 
das war sein Wahlspruch. Als ihm die Krone Polens unter der Be- 
dingung des Übertritts zur katholischen Kirche angeboten wurde, sagte 
er: „Meine Religion, darin ich meiner Seligkeit versichert bin, um einer 
Krone willen verlassen, werde ich in Ewigkeit nicht thun." Gegen Anders¬ 
gläubige war er sehr duldsam; sein Staat war der erste in Europa, 
in welchem die Anhänger der verschiedensten Religionsgemein- 
schaften unbehelligt nebeneinander wohnen durften. Aber sie 
mußten untereinander Frieden halten. Den lutherischen und reformierten 
Geistlichen verbot er das gegenseitige Verketzern auf den Kanzeln und 
veranstaltete, um Lutheraner und Reformierte zu einer Kirche zu vereinigen, 
1664 die Liebesgespräche zwischen Geistlichen beider Bekenntnisse, aber 
ohne Erfolg. Da verlangte er von den Geistlichen ein schriftliches Ver¬ 
sprechen, daß sie obigem Befehle gegenseitiger Duldung nachkommen 
wollten; einige, die ihre Unterschrift verweigerten, wurden ihres Amtes 
entsetzt. Zu ihnen gehörte auch Paul Gerhardt, der zu Lübbeu im 
Spreewalde eine Anstellung wieder fand. 
Als mächtigster evangelischer Fürst Deutschlands hielt es der Große 
Kurfürst für seine Pflicht, die Evangelischen auch in anderen Ländern zu 
schützen. Schon wiederholt hatte er für sie beim Kaiser und bei Lud- 
wig XIV. Fürsprache eingelegt. Mit Schmerz hatte er die Bedrückung 
seiner Glaubensgenossen in Frankreich (S. 40) wahrgenommen; als Lud- 
wig XIV. das Edikt von Nantes aufhob, lud der Kurfürst die Huge- 
uotten durd) das Potsdamer Edikt ein, in seinen Staaten sich nieder- 1685 
zulassen. Er versprach ihnen freie Reise, zollfreie Einfuhr ihrer Sachen, 
freie Wahl ihres Wohnortes und gleiche bürgerliche Rechte mit seinen 
bisherigen Uuterthanen. Verlassene Häuser, geeignete Bauplätze, Odlän- 
dereien zum Urbarmachen, sowie Baumaterial sollten ihnen unentgeltlich 
überlassen, auch Geld zur Anlage von Fabriken und mehrjährige Be- 
freiuug vou allen Lasten und Abgaben gewährt werden. Hierdurch ge- 
wann Brandenburg 20000 fleißige und geschickte Einwohner, die nament- 
lieh das Gewerbe in den Marken hoben. An vielen Orten bildeten sich 
französische Kolonien, die größten in Berlin und Magdeburg. Die 
Seiden-, Hut-, Strumpf- und Samtmanufakturen, sowie der Tabaksbau 
in der Uckermark wurden durch sie neu eingeführt, andere Gewerbe durd) 
sie verbessert. Auch unter den brandenburgischen Offizieren, Beamten 
und Gelehrten fanden sich bald berühmte französische Namen. — Ebenso 
folgten mehrere Hundert um ihres Glaubens willen vertriebene Wal- 
denser (II. 131), von denen sich noch einige Gemeinden in den Alpen- 
thälern gehalten hatten, einer Einladung des Kurfürsten und siedelten 
sich in der Altmark an. Aus Rücksicht auf seine evangelischen Glaubens- 
genossen in England wollte der Kurfürst auch Wilhelm III. bei der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.