Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

ihm zum Lesen gegeben wurde, war die Bibel. Ms er dann von dem Fenster 
seines Gefängnisses aus sah, wie sein Freund Katte enthauptet wurde, erfaßte 
ihn furchtbarer Schmerz. Sein Gemüt wurde tief erschüttert, und reumütig bat 
er seinen Vater um Verzeihung. Darauf milderte der König die strenge Haft, 
und Friedrich mußte von jetzt an in der Domänenkammer schriftliche Arbeiten 
anfertigen, um sich hier volkswirtschaftliche Kenntnisse anzueignen. Nach Ablauf 
eines Jahres ließ ihn der König heimlich nach Berlin kommen und führte ihn 
seiner Mutter mit den Worten zu: „Da hast du deinen Fritz wieder!" 
5. Vermählung. Auf Wunsch seines Vaters verheiratete sich der Kronprinz 
1733 mit der Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig, Schwester des 
regierenden Herzogs Karl I. Die Hochzeit wurde zu Salzdahlum gefeiert, wo 
der Herzog ein herrliches Lustschloß mit großartigen Gartenanlagen und Wasser¬ 
künsten besaß. Der Herzog Karl I. wiederum vermählte sich mit der Prinzessin 
Charlotte, der Schwester Friedrichs. Infolge der verwandtschaftlichen Verhältnisse 
traten die braunschweigischen Prinzen jetzt in preußische Dienste, während sie 
bis dahin meist im Heere des Kaisers gedient hatten. 
6. In Nheinsberg. Nun setzte der König den Kronprinzen an die Spitze 
eines Regiments, das in Ruppin stand. Der Prinz bezog das in der Nähe der 
Stadt liegende Lustschloß Rheinsberg und gab sich jetzt mit Eifer den soldatischen 
Übungen hin. Bald erkannte der Vater die großen Fähigkeiten und den mili¬ 
tärischen Geist seines Sohnes. „O, mein Gott," rief er vor seinem Ende aus, 
sterbe zufrieden, da ich einen so würdigen Sohn zum Nachfolger habe." 
d) Der Siebenjährige Krieg. 1756—1763. 
1. Ursache. Die beiden ersten Schlesischen Kriege. Ms Friedrich eben den Thron be¬ 
stiegen hatte, starb der Deutsche Kaiser. Ihm folgte seine Tochter Maria Theresia in den öster¬ 
reichischen Staaten. Auch die jetzige preußische Provinz Schlesien gehörte damals zu Österreich. 
Dieses Land aber beanspruchte Friedrich. Nach einem alten Erbvertrage mußte nämlich das 
Land, sobald die Herzöge von Schlesien ausgestorben waren, an Brandenburg fallen. Schon 
der Große Kurfürst hätte deshalb Schlesien erben müssen; denn zu seiner Zeit starb der letzte 
rechtmäßige Herzog von Schlesien. Aber der Kaiser nahm damals Schlesien in Besitz, und 
der Große Kurfürst erhielt dafür nur einen kleinen Landstrich an der Oder. Friedrich rückte 
daher 1741 in Schlesien ein und nahm es in Besitz. So entstanden die beiden ersten 
Schlesischen Kriege. (1741—42 und 1744—45.) Aus beiden ging Friedrich als Sieger hervor. 
Die bedeutendste Schlacht im ersten Schlesischen Kriege war die Schlacht bei Mollwitz. Anfangs 
siegte die österreichische Reiterei über die preußische. Friedrich hielt die Schlacht für verloren 
und flüchtete nach Oppeln. Ilm Mitternacht kam er dort an. Am Tore wurde er mit Flinten¬ 
schüssen empfangen. Es lagen nämlich Österreicher in der Stadt. Nur die Schnelligkeit seines 
Schimmels rettete ihn. Einige seiner Begleiter wurden gefangen genommen. Unterwegs 
hörte er, daß Schwerin mit dem Fußvolke gesiegt hatte. Da ritt er noch in der Nacht 
zurück nach Mollwitz. Morgens kam er auf dem Schlachtfelde an. Sein Schimmel hatte in 
der Nacht 14 Meilen zurückgelegt. — Im zweiten Schlesischen Kriege siegte Friedrich 1745 
bei Hohenfriedberg und bei Soor, wo der junge Herzog Albrecht von Braunschweig fiel. 
Maria Theresia wollte Schlesien auf jeden Fall zurückerobern. Daher sah sie sich unter 
den zahlreichen Neidern Friedrichs II. bald nach Bundesgenossen um; solche fand sie an 
Frankreich, Rußland, Sachsen und Schweden. Es wurde verabredet, 1757 unvermutet über 
Friedrich herzufallen und ihm einen Teil seiner Länder abzunehmen. 
2. Tas Jahr 1756. Lobositz. Friedrich erhielt von diesem geheimen Bünd¬ 
nis Kunde. Ehe die Feinde sich dessen versahen, stand er mit seiner Armee 
in Sachsen und schloß die sächsische Armee bei Pirna ein. Zu ihrer Befreiung
	        
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