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euren Geschäften" So sprach er und ging in die Ratsstube. Von 10 Uhr an erschienen
die Ratsherren alle nacheinander, um 11 Uhr kam endlich der Bürgermeister. Der Herzog
hielt ihnen eine derbe Strafpredigt und sorgte dafür, daß die Leute in Zukunft nicht
wieder zu warten brauchten.
In wenigen Jahren waren die Schulden des Landes getilgt. Die Steuern
konnten herabgesetzt und die Gehälter der Beamten ailfgebessert werden. Der
Bauernstand erhielt eine Erleichterung dadurch, daß die drückende Abgabe des
„Zehnten", sowie der Herrendienst herabgemindert wurde. Im Harze wurde
den Leuten durch den Bergbau Verdienst verschafft. Handel und Wandel hoben
sich von Jahr zu Jahr, die furchtbare Tortur wurde abgeschafft, und das Volk
fühlte sich unter der Regierung seines Herzogs wohl und glücklich. — Für
Preußen zeigte der Herzog stets eine besondere Vorliebe. „Mein Land kann
nur mit Preußen stehen und fallen," war sein Wahlspruch.
3. Nach dem Ausbruch der französischen Revolution führte er (1792)
das deutsche Heer nach Frankreich, das den französischen König schützen sollte.
Anfangs ging es zwar glücklich vorwärts, bald aber mußte er vor den er¬
bitterten Franzosen zurückweichen. Die Schuld lag namentlich an der Uneinig¬
keit der Verbündeten. Nur durch einen geschickten Rückzug vermochte er sein
Heer vor dem Untergange zu retten. Zwar erfocht er 1793 noch einige Siege,
konnte sie aber, da ihn die Verbündeten nicht gehörig unterstritzten, nicht aus¬
nutzen. Mißmutig legte er den Oberbefehl nieder und kehrte nach Braunschweig
zurück. Hier widmete er sich nun wieder ganz seinem Lande. In kluger Vor¬
sicht ließ er die Festungswerke in Braunschweig und Wolfenbüttel schleifen, da
sie bei der neuesten Kriegführung leichter schaden als nützen konnten. An Stelle
der Festungswerke finden wir jetzt in beiden Städten herrliche Wallanlagen.
47. Hm 6nde des 18. Jahrhunderts,
1. Bauern und Bürger. Noch immer war der Bauer seinem Herrn erb¬
untertänig und mußte ihm oft 4—5 Tage in der Woche Frondienste leisten und
alljährlich Abgaben an Getreide, Geld usw. entrichten. Ohne Erlaubnis seines
Gutsherrn durfte er seinen Wohnsitz nicht verändern, ja, nicht einmal heiraten.
Zwar versuchten einige Fürsten, wie Friedrich d. Gr., Karl Wilhelm Ferdinand
von Braunschweig u. a., das traurige Los der Bauern zu mildern, aber die
Gutsherren sträubten sich, ihre Vorrechte aufzugeben, und so blieb meist alles
beim alten. Etwas besser sah es in den Städten aus. Der Kaufmann war
meist wohlhabend, auch der Handwerksmeister lebte in behaglichen Verhältnissen.
Die Innung nahm eben nicht mehr Meister auf, als sie für gut befand. Mancher
Geselle mußte daher sein Lebtag Geselle bleiben. Brauereien und Bäckereien
waren oft an bestimmte Grundstücke gebunden. Auch der Mühlzwang herrschte
noch; dadurch wurden die Bewohner eines bestimmten Umkreises gezwungen,
in einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen. So war der einzelne oft sehr
in seinem Erwerbe beschränkt. Dazu kam noch, daß der Bürgermeister und
die anderen Beamten der Stadt vom Staate angestellt wurden. Der Bürger
hatte in der Stadt nichts zu sagen, daher aber auch wenig Sinn für das Wohl
der Stadt. (Deutsche Jugend 5: Eine deutsche Stadt gegen Ende des vorigen
Jahrhunderts.)