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2. Vorboten der französischen Staatsumwälzung (Revolution). Kunst und
Wissenschaft hatten große Fortschritte gemacht. Die Dampfmaschine war er¬
funden und feierte ihre ersten Siege. Am Sternenhimmel hatten große Ge¬
lehrte, darunter vor allem der Braunschweiger Friedrich Gruß, neue Gestirne
entdeckt. In den vielgelesenen Büchern eines Voltaire und anderer Schriftsteller
wurden die christlichen Lehren leider verspottet und die Freiheit und Gleichheit
aller Menschen gepredigt. So wurden Zweifel und Unglaube in dem Volke rege.
Dazu kam, daß sich die englischen Ansiedler in Nordamerika unter Benjamin
Franklin und George Washington ihre Freiheit erkämpften, so daß die Bewohner
von England unabhängig wurden. Die englischen Kolonien wurden zu Frei¬
staaten umgewandelt. Die Bürger hatten untereinander gleiche Rechte, besaßen
viele Freiheiten und konnten sich selbst Gesetze geben. Das reizte zur Nachahmung.
48. Die Staalsumnähung (Revolution) in Frankreich
unct Napoleon Vonaparle.
1. Ursachen. Durch Verschwendung und endlose Kriege hatten Ludwig XIV.
(von 1643—1715) und Ludwig XV. (von 1715—1744) das Land mit einer un¬
erträglichen Schuldenlast beladen. Dazu kam noch, daß die vielen Millionen,
die der Staat alljährlich nötig hatte, ganz allein von den Bürgern und Bauern
aufgebracht werden mußten; denn der Adel und die Geistlichkeit, die gerade den
größten Teil des Grund und Bodens inne hatten, waren von jeder Abgabe be¬
freit. Aber damit noch nicht genug. Der Bauer hatte auch noch für den Adel
die schwersten Frondienste zu leisten; für Brücken und Wege mußte er ihm aller¬
orten Zoll zahlen, das Getreide durfte er nur aus seiner Mühle mahlen, das
Brot nur in seinem Ofen backen. Die Landleute lebten daher im größten
Elend. Tausende nährten sich von Raub und Diebstabl; über eine Million: trieb
sich bettelnd im Lande umher. Die Gutsbesitzer bedrückten die leibeigenen
Bauern nicht nur aufs grausamste, sondern prügelten sie noch obendrein, wenn
die Bauern nach ihrer Meinung nicht fleißig genug waren. Da die Gutsbesitzer
auch zugleich Richter waren, so konnten die armen Bauersleute nirgends Recht
finden. So herrschte denn zwischen den Besitzern, deren Zahl in Frankreich
etwa eine Million betrug, und den 24 Millionen Bauern eine tiefe Kluft. Dazu
nahmen Roheit und Unsittlichkeit immer mehr zu, und der Glaube an Gott
und Unsterblichkeit erschien den meisten wie ein albernes Märchen.
2. Ausbruch. Unter Ludwig XVI. kam die Empörung des Volkes zum
Ausbruch. Er mußte büßen, was seine Vorfahren gesündigt hatten. Alle Not,
alles Elend sollte er verschuldet haben. In Paris war die Aufregung fürchterlich.
Bewaffnete Volkshaufen durchzogen Paris. Die Soldaten weigerten sich, auf
die Aufrührer zu schießen, und schlossen mit ihnen Freundschaft. Jetzt brach der
Aufruhr offen hervor. Die Sturmglocken wurden geläutet, und jeder griff zu
den Waffen. „Nach der Basülle," schrie das erregte Volk. Die Bastille war ein
Staatsgefängnis, in dem damals viele unterdrückte Bürger und Bauern ge¬
fangen saßen. Das Gefängnis wurde erstürmt und dem Erdboden gleich ge¬
macht. Der Oberbefehlshaber wurde niedergemacht und sein Kopf von der ent¬
menschten Menge auf einer Stange brüllend durch die Straßen getragen. Die