— 62 —
Erstürmung der Bastille geschah am 14. Juli 1789. Dieser Tag gilt als der
Geburtstag der neuen Ordnung. Der König versuchte, in einem Postwagen zu
entfliehen, wurde aber auf einer Haltestelle vom Postmeister erkannt und von
der Bürgergarde nach Paris zurückgebracht. Hier setzte man ihn ab und erklärte
Frankreich für einen Freistaat oder Republik.
Der König von Preußen wollte dem bedrängten König beiftehen und vereinigte sich
daher mit dem Kaiser. Unter dem Oberbefehl des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von
Braunschweig rückten die Heere der Verbündeten über den Rhein (1792), aber sie ver¬
mochten gegen die wutentbrannten Franzosen nichts auszurichten.
In Frankreich wurde der Aufruhr immer größer. Die christliche Religion
wurde sogar abgeschafft und eine Opernsängerin als Göttin der Vernunft ver¬
ehrt. 1793 fiel des Königs Haupt durch Henkers Hand, und neun Monate
später wurde auch seine Gemahlin, Marie Antoinette, hingerichtet. Der Sohn
der unglücklichen Königssamilie, die die Sünden ihrer Vorfahren büßen mußte,
wurde dem Pariser Schuster Simon in Pflege gegeben, der ihn verkommen und
umkommen ließ.
3. Schreüenszeit. Der Ruf: „Freiheit und Gleichheit!" erscholl setzt auf den
Straßen, in den Versammlungen. Aber gerade die Männer, die dieses Wort
fortwährend im Munde hatten, waren die scheußlichsten Tyrannen: Marat, Danton,
Robespierre u. a. Wer nur ein Wort des Mißfallens über ihr Schreckensregiment
äußerte, war reif für das Fallbeil (Guillotine). Zeugen hörte man gar nicht an.
Fast jeden Tag wurden 30 bis 40 Personen — einigemal sogar Kinder — hin¬
gerichtet. An einem Tage wurde u. a. auch ein Dienstmädchen zum Schaffot
geführt, weil sie gesagt hatte, zur Zeit des Königs sei es doch besser gewesen;
ein andermal ein Vater, weil sein Sohn ausgewandert war. Niemand war seines
Lebens sicher. Endlich wurden auch die Rädelsführer vom Gericht Gottes ereilt.
Marat wurde im Bade erdolcht. Danton und Robespierre endeten unter der
Guillotine. Über die Schäden und rohen Gewalttaten, die ein gewaltsamer Um¬
sturz im Staate mit sich bringt, sagt Schiller im Lied von der Glocke:
„Wo rohe Kräfte sinnlos walten,
Da kann sich kein Gebild gestalten.
Wenn sich die Völker selbst befrein,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeih'n."
4. Beginn des neuen Zeitalters. Durch die Revolution — so schrecklich sie
auch war — wurden doch viele Mißstünde in Frankreich beseitigt. Vor allem
wurden die Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit abgeschafft und die Leib¬
eigenschaft der Bauern aufgehoben. Die Bauern hatten ihrem Herrn nun keine
Frondienste mehr zu leisten, der Kirche nicht mehr den Zehnten zu entrichten.
In den Städten wurde der Zunft- und Jnnungszwang aufgehoben und jedem
Bürger volle Gewerbesreiheit gestattet. Die Steuern wurden nach Besitz und
Vermögen verteilt und die höchsten Militärstellen jedem Bürger zugänglich gemacht.
5. Napoleon Bonaparte. Bald trat an die Spitze des französischen Staates
ein Mann, in dessen Hand Gott seine eiserne Zuchtrute legte. Das war Na¬
poleon Bonaparte. Er wurde 1769 als Sohn eines Rechtsanwalts aus Korsika
geboren. Schon als Knabe zeigte er große Vorliebe für Krieg und Soldaten.
Sein Lieblingswunsch war, Soldat zu werden. Der Statthalter von Korsika ver¬