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tief gespaltene Maul sehr zustatten. Wenn die Eidechse auf der Lauer sitzt,
dann entgeht ihrem Auge nicht die geringste Bewegung; denn sie sieht sehr
scharf. Auch vernimmt sie das leiseste Geräusch, obwohl das Ohr gar keine
Ohrmuschel hat. Das Trommelfell liegt in der Ohröffnung sichtbar da. Be¬
sonders hilfreiche Dienste leistet der Eidechse beim Aufspüren der Nahrung die
gespaltene Zunge, die sie zum Tasten (Züngeln) weit aus dem Maule hervor¬
strecken kann. Die Zähne sind klein und nicht in die Kiefer eingekeilt, sondern
an der Innenseite der Kiefer angewachsen. Sie sind daher zum Zerkauen nicht
geeignet, sondern nur zum Festhalten, weshalb die Eidechse ihre Nahrung ganz
verschlucken muß. Anfang Oktober, wenn ihr die Nahrung ausgeht, beginnt die
Eidechse ihren Winterschlaf; im Süden schläft sie kürzere Zeit.
52. Die Kreuzotter.
1. Aufenthalt und Körperbeschaffenheit, zueinander paffend, a) Aufent¬
halt. Die Kreuzotter ist die einzige Giftschlange Deutschlands. Am zahlreichsten
trifft man sie in Mooren und den daran grenzenden Wäldern. Dort wohnt
sie in Mauselöchern, hohlen Baumstämmen, unter Wurzelwerk usw. Oft liegt
sie stundenlang vor ihrem Loche wie ein Teller zusammengerollt und sonnt sich.
Sie hat nämlich wechselwarmes Blut. In Wäldern, wo sich Kreuzottern auf¬
halten, sei man sehr vorsichtig. Niemals gehe man dort barfuß, sondern stets nur
mit festem Schuhwerke.
b) Die Färbung der Kreuzotter paßt sich der Bodenfarbe an. Sie ist
daher verschieden: auf der Oberseite grau, grünlich, braun, rotbraun (weshalb sie
dann wohl Kupfernatter heißt), im Moore schwärzlich, auf der Unterseite bläulich oder
gelblich. (Schutzfarbe.) Über den Rücken läuft in der Regel eine schwarze Zickzack¬
linie, und auf dem Kopfe findet sich eine dunkle Zeichnung, die an ein Kreuz,
mehr an ein X erinnert und der Schlange wahrscheinlich den Namen gegeben hat.
o) Ihr Körperbau hängt mit ihrer Lebensweise eng zusammen. Der Leib
hat eine wurmförmige Gestalt; daher kann sie sich bequem in Löchern und im
Heidekraute verbergen. Beine hat sie nicht. Den¬
noch kmm sie sich ungemein schnell bewegen. Als
Beine dienen ihr die Rippen. Sie sind paar¬
weise beweglich am Rückgrate eingelenkt und
enden frei in der Haut unter dem Bauche. Beim
Kriechen schiebt die Otter die Rippen wie kurze
Beine bald an der rechten, bald an der linken
Seite vor; diese sind durch Muskeln mit den
halbgürtelförmigen Schuppen der Unterseite verbunden und schieben sie vor. Der
scharfe Hinterrand der Schuppen greift in die Unebenheiten des Bodens ein.
Dadurch, daß dies an verschiedenen Stellen des Körpers gleichzeitig und abwechselnd
rechts und links geschieht, „schlängelt" sie sich vorwärts. Damit sie sich beim
Kriechen nicht verletze, ist ihr Körper mit Schuppen bedeckt. Am meisten sind
Kopf und Bauch beim Umherkriechen gefährdet. Daher sind die Schuppen hier
auch am größten; am Bauche bilden sie Halbringe. Auch die Augen sind gut
geschützt. Sie haben zwar keine Lider, sind aber von der Körperhaut überzogen.
Kopf der Kreuzotter.