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die einen Teil des alten Herzogtums Sachsen ausmachten — waren seine Erb¬
lande. Heinrich der Löwe ist auch der Stammvater der welfischen Herzöge von
Braunschweig. Er war der Sohn Heinrichs des Stolzen, aus dem Geschlechte
der Welsen. Nach der Sitte der Zeit wurde der junge Prinz erst im sechsten
Lebensjahre getauft. Auf Schulbildung legte man damals nur wenig Gewicht,
desto mehr Sorgfalt aber verwandte man auf ritterliche Übungen, auf Reiten,
Speerwurf und Wettlauf, und in allen diesen Dingen ward Heinrich von keinem
übertrosfen. Beim Tode seines Vaters war er erst 10 Jahre alt. Sein Oheim
Welf übernahm deshalb die Vormundschaft für ihn. Der junge Heinrich besaß
damals nichts weiter als seine braunschweigischen Erblande. Erst später wurde er
Herzog von Sachsen und Bayern.
Kaiser Konrad hatte seinem Vater Bayern genommen, weil er nicht wollte, daß
ein Reichsfürst zwei Lehen haben sollte. Da sich Heinrich der Stolze dagegen auflehnte,
so nahm er ihm auch noch Sachsen und gab es Albrecht dem Bären. Später wurde
aber Sachsen dem 13 jährigen Heinrich wieder zugesprochen, und als er mündig war, trat
er die Regierung in diesem Herzogtums selbständig an. Nun wollte er jedoch auch noch
Bayern haben. Als er aber in Schwaben stand und in Bayern einzufallen drohte, ließ
der Kaiser, um ihn nicht durchzulassen, alle Wege in Schwaben mit Wächtern besetzen
und rückte mit einem Heere auf Braunschweig los. Heinrich jedoch verkleidete sich, täuschte
die Wächter und kam nach fünftägigem Ritte in der Stadt Braunschweig an. Hier wurde
er mit großem Jubel aufgenommen. Als das der Kaiser hörte, der bereits bis in die
Nähe von Wolfenbüttel gekommen war, kehrte er wieder um. Bald darauf starb er.
Sein Nachfolger wurde Friedrich I. (Barbarossa). Mit diesem war Heinrich nahe ver¬
wandt und eng befreundet, und da er ihm auf einem Römerzuge das Leben rettete, gab
ihm der Kaiser auch Bayern zurück.
3. Heinrichs Sorge für die Stadt Braunschweig. Heinrich hielt sich mit
Vorliebe in der Stadt Braunschweig auf und machte sie zu seiner Residenz.
Braunschweig war damals noch keine eigentliche Stadt, sondern bestand aus
mehreren Ortschaften und Ansiedelungen, die durch weite, unbebaute Landstrecken
getrennt waren. Aus einer kleinen Anhöhe lag die Burg Dankwarderode, der
Sitz Heinrichs des Löwen. Diese, früher wohl aus Holz erbaut, schuf er zu
einem herrlichen Fürstensitze um und umgab sie mit Mauer und Graben. Auch
errichtete er später, als sich einst fast alle sächsischen Grafen und Bischöfe gegen
ihn verschworen hatten, vor der Burg als Sinnbild seines Mutes einen ehernen
Löwen, der mit aufgesperrtem Rachen nach Osten schaute — denn hier wohnten
seine größten Feinde. Damit nun auch die Bürger vor dem Feinde besser ge¬
schützt wären, ließ Heinrich die Stadt befestigen und mit Mauern, Wällen und
tiefen Gräben versehen. Die getrennt liegenden Ortschaften oder Weichbilder
Altewink, Neustadt und Altstadt ließ er mit festen Mauern umgeben und
gründete den Stadtteil Hagen neu. So wurde durch Heinrich den Löwen
Braunschweig erst zu einer eigentlichen Stadt umgeschaffen. Den Handel be¬
förderte er dadurch, daß er die Oker bis zur Aller hin schiffbar machte, so daß
von Braunschweig aus Bier und Korn zu Schiffe nach Bremen ausgeführt
werden konnte. Auch baute er der Stadt schöne Kirchen: die Petrikirche, die
Martinikirche, die Katharinenkirche und vor allem den herrlichen Dom. Die
Magni- und Ulricikirche waren schon vorhanden. Nachdem Heinrich der Löwe
den obengenannten vier Stadtgemeinden noch Stadt- und Marktrechte verliehen
hatte, siedelten sich viele Handwerkerfamilien an. Die Beckenwerker-, Kanne¬