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In Braunschweig wurde die letzte Hexe 1663 verbrannt. Es war die Tempel-Anneke
aus Harxbüttel. Sie war beschuldigt, inr Namen des Teufels einen Dieb so geängstigt zu
haben, daß er das Gestohlene wiederbrachte. Ferner sollte sie einem Manne ein schlimmes
Bein angehext, einem Bauer seine ihm entlaufenen Pferde gezeigt, unter den Kühen des
Dorfes das Sterben verhütet haben und ähnliche Sachen mehr. Anfangs leugnete sie
alles; als man ihr aber die Beinschraube ansetzte, bekannte sie die unglaublichsten Dinge.
So erzählte sie z. B., daß der Teufel des Nachts zu ihr gekommen sei und sie ihm drei
Tröpflein Blut aus ihrem kleinen Finger in ein Tuch gelassen und ihm dieses gegeben
habe. Auch sei sie in der Walpurgisnacht auf einem Ziegenbocke zum Brocken geritten.
Sie habe daselbst ein Licht gehalten, die anderen Hexen aber hätten getanzt. Alle die von
ihr vollbrachten Heilungen habe sie mit Hilfe des Teufels ausgeführt. Bei diesem Ge¬
ständnis verblieb sie bis zu ihrer Hinrichtung. Da sie sich stets sehr reumütig gezeigt
hatte, wurde sie dahin begnadigt, daß ihr erst der Kopf mit dem Schwerte abgeschlagen,
sodann aber der ganze Leib verbrannt würde.
27. Maximilian I. 1493—1519.
1. Der letzte Ritter. Maximilian war ein tapferer, ja, oft tollkühner Held.
In Ulm bestieg er den höchsten Kranz des über 100 m hohen Münsterturms
und stellte sich mit dem einen Fuß auf die schmale Eisenstange, woran die
Feuerlaterne hing, während er den anderen Fuß übermütig in die Luft empor¬
hob. Eine Messingtasel bezeichnet noch heute diese Stelle. Ohne Furcht ging
er mit dem Speer dem Bären entgegen und nahm den Kampf mit ihm auf.
Am liebsten verfolgte er die flüchtigen Gemsen und erkletterte dabei nicht selten
die steilsten Felsen (Martinswand). Im Turnier war er Meister. In Worms
hängte einst — wie die Sage erzählt — ein französischer Ritter vor seiner
Wohnung einen Schild auf, worauf zu lesen war, daß er mit einem Deutschen
kämpfen wolle. Lange Zeit meldete sich keiner. Da sprengte ein Ritter mit ge¬
schlossenem Visier in die Schranken und warf nach kurzem Anlauf den prahle¬
rischen Franzosen in den Sand. Es war Kaiser Maximilian. — Mit Maximilian
schließt das Mittelalter; Pulver und Blei verdrängten Schild und Lanze; die
Turniere hörten auf; eine neue Zeit brach an. Er war der letzte Kaiser, der
in den ritterlichen Künsten des Mittelalters erzogen war; daher sein Beiname
„der letzte Ritter".
2. Die ersten Posten. In früheren Zeiten, als es noch keine Posten und
Eisenbahnen gab, war das Reisen mit unzähligen Hindernissen verknüpft. Wer
eine größere Reise antrat, nahm nicht selten vorher das h. Abendmahl und
machte sein Testament. Schon die Deutschritter richteten im 14. Jahrhundert in
Preußen „Briefstätte" und „Reitposten" ein. Reitende Boten beförderten die
Briefe von einer Handelsstadt zur anderen. Nach Orten, die nicht an der Land¬
straße lagen, konnte man Briefe nur mit Gelegenheit oder durch eigene Boten
senden. Pakete und Personen wurden durch Lohnkutschen befördert. Da richtete
Maximilian durch den Grafen von Thurn und Taxis 1516 die erste regelmäßige
Postverbindung zwischen Wien und Brüssel ein. Seinem Beispiele folgten bald
andere Reichslünder; aber erst in der Mitte des 17. Jahrhunderts fing man an,
auch Personen durch die Post zu befördern. Doch war es lange Zeit ein ge¬
wagtes Unternehmen, seine gesunden Glieder dem zerbrechlichen Postwagen an¬
zuvertrauen, und die Fahrgäste der langsamen „Postschnecke" ahnten wohl noch
nichts von der Großartigkeit und Schnelligkeit unseres heutigen Postverkehrs.