Staatsstreich. 
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Während aber die Ordnungspartei geeinigt war, so oft es 
galt, dem offenen Aufstand zu begegnen, konnte dieselbe in Bezug 
auf die zukünftige Regierung Frankreichs zu keiner Einigung 
kommen. Darin war sie einig, daß die Republik abgeschafft und 
die Monarchie wieder hergestellt werden sollte; aber die Legi¬ 
tim isten, deren Zahl sich ungemein vermehrt hatte, wollten die 
älteren Bourbonen unter Heinrich V. (Herzog von Bordeaux) 
wieder auf den Thron gesetzt sehen, während zahlreiche Orlea- 
nisten für die Rechte des Grafen von Paris stritten; Andere 
wieder eine Vereinigung der ältern und jüngern Linie der Bour¬ 
bonen anstrebten (Fusionisten); die Partei der Bonaparti¬ 
sten aber, welche Ludwig Napoleon und seine nächsten Freunde 
täglich zu vermehren wußten, die Erhebung desselben zum Kai¬ 
ser als das Wünschenswertheste hinstellte. Je mehr die Furcht 
vor dem Ausstand zurücktrat, desto heftiger bekämpften sich diese 
verschiedenen Fractionen der Ordnungspartei untereinander, und 
desto ernster wurde besonders auch die Eifersucht zwischen dem 
Präsidenten der Republik und der Nationalversammlung. Lud¬ 
wig Napoleon ging sehr besonnen zu Werke, und wußte sich 
im Gegensatz gegen die Ordnungspartei in der Nationalversamm¬ 
lung als Beschützer der Freiheit und der öffentlichen Wohlfahrt 
hinzustellen: während er keine Gelegenheit vorüber ließ, das An¬ 
sehen der Versammlung zu schwächen, war er aber vor Allem 
bemüht, sich die Anhänglichkeit der Armee auf jede Weise zu er¬ 
werben. Sein gefährlichster Gegner war der General CH an¬ 
garnier, welcher den Oberbefehl über die Truppen und die 
Nationalgarde führte, und welchem man die Absicht zuschrieb, 
das Königthum wieder einzuführen. Plötzlich setzte ihn Ludwig 
Napoleon ab, und trotz der heftigsten Aufwallung der Leiden¬ 
schaften in der Nationalversammlung führte der Präsident seinen 
Willen durch. Hierdurch erniuthigt, dachte er auf größere Tha¬ 
ten. Seine Präsidentschaft mußte nach der Verfassung im Jahr 
1852 zu Ende gehen; er hatte keine Aussicht, bei der Neuwahl 
eines Präsidenten wieder gewählt zu werden, und so beschloß er 
denn, sich die Herrschaft durch einen Gewaltstreich zu sichern. 
Mit einigen Freunden bereitete er im größten Geheimniß Alles 
vor: die Garnison von Paris wurde aus Truppen zusammen¬ 
gesetzt, welche ihm blind ergeben waren, und besonders versicherte 
er sich der unbedingten Treue der Offiziere. Plötzlich in der 
Nacht vom 1. zum 2. December ließ er alle Diejenigen gefangen
	        
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