Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

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In den Städten bestand diese schon länger. Jetzt mußten auch auf den Dörfern die 
Bauern jeden Sonntag zusammenkommen, und dann wurden sie von einem Landsknechte 
einexerziert. Jeder hatte ein Feuerrohr, das ihm für zwei Taler aus des Herzogs Eisen¬ 
werk in Gittelde verabreicht worden war. — 
Dem Müßiggänge war der Herzog „spinnefeind". Nur wenn seine Tages¬ 
geschäfte vollendet waren, suchte er gern Erholung auf dem Altan seines 
Schlosses in Wolsenbüttel. Hier weilte er dann inmitten eines künstlich an¬ 
gelegten Gartens und schöner, auserlesener Singvögel. Besonders musterhaft war 
sein Familienleben, und mit größter Sorgfalt wachte er darüber, daß seine 
Kinder „nüchtern, sittig und in der Furcht des Herrn" erzogen wurden. Er 
starb 1589, tief betrauert von seinem Volke. 
38. vis Herzogs vraunsckxvsigs im Kampfs mit cisr §taclt 
Vraunfckxveig. Hennig vrabant. 
1. Streben der Stadt Braunschweig nach Selbständigkeit. Unter Albrechts 
d. Gr. Söhnen, Heinrich dem Wunderlichen und Albrecht dem Feisten, entstand 
lange Zeit Streit um den Besitz der Stadt Braunschweig. Als sich dann Albrecht 
der Stadt bemächtigte, verlegte Heinrich seinen Wohnsitz nach Grubenhagen, 
während Albrecht in Braunschweig verblieb. Endlich versöhnten sich die Brüder 
und kamen dahin überein, daß die Stadt von ihnen gemeinschaftlich verwaltet 
werden sollte. Da Albrecht oft in Geldverlegenheit war, so borgte er sich von der 
reichen Stadt größere Summen, mußte ihr aber dafür pfandweise ein Hoheits¬ 
recht nach dem anderen abtreten. Deshalb verlegte er 1308 seine Residenz nach 
Wolfenbüttel. Dort haben die Herzöge über 400 Jahre gewohnt. Wolfenbüttel 
kam dadurch zu großer Blüte. Die Stadt Braunschweig suchte nun, wie die 
meisten Städte im Mittelalter, sich immer mehr Rechte zu erwerben und stand zuletzt 
fast wie eine reichsunmittelbare Stadt da. So kam es, daß sie den Herzögen oft 
Trotz bot und ihnen die Erbhuldigung versagte. Das verursachte häufige Kriege. 
Diese Händel der Stadt mit ihren Herzögen veranlaßten den Rat, sich 1411 eine sehr 
große Kanone gießen zu lassen. Sie erhielt den Namen „faule Mette" und war wahr¬ 
scheinlich die größte. Kanone der Welt. Sie hatte an 180 Zentner Gewicht, wurde mit 
50 Pfund Pulver geladen und schoß 3—4 Zentner schwere Steinkugeln. Zu ihrer Fort¬ 
schaffung waren 200 Menschen nötig. Als 1492 Heinrich der Altere die Stadt belagerte, 
brachte man sie mit Mühe und Not vor das Steintor. Die erste Kugel flog fast bis 
nach Gliesmarode, die zweite fast nach Riddagshausen. 1787 wurde die Kanone ein¬ 
geschmolzen. Nur 14 mal war sie überhaupt abgeschossen worden. 
2. Herzog Heinrich Julius 1589—1613 richtete sein Bestreben darauf, sein 
Land und seine Macht zu vergrößern. Da 1599 das Geschlecht der Grafen von 
Blankenburg ausstarb, zog er das Lehen ein, und so wurde die Grafschaft 
Blankenburg mit dem Herzogtum vereinigt. Besonders auch machte er seine 
Rechte der Stadt Braunschweig gegenüber geltend. Der Rat der Stadt versagte 
ihm nämlich die Huldigung. Ebenso verweigerte der Rat seine Forderung, ihm 
jederzeit die Tore zu öffnen. (Noch bei Lebzeiten seines Vaters war er einst 
nach Braunschweig gekommen, um Hofgericht zu halten. Da ließ der Rat das 
Stadttor erst um 9 Uhr statt um 6 Uhr öffnen. Auch mußte er am folgenden 
Tage, als er heimkehren wollte, eine Stunde im Platzregen auf das Bürger¬ 
geleit warten.) Die Stadt vertraute dabei auf den Beistand der Hansa und auf
	        
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