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Hennig Brabant wurde von seinen Gegnern verdächtigt. Man sagte, er unter¬
handle heimlich mit dem Herzog und wolle die Stadt an ihn verraten. Auch
sollte er Umgang mit dem Teilfel pflegen. Als nun gar ein Mensch, der auf¬
rührerische Reden gegen den Rat der Stadt geführt hatte, vor Gericht aussagte,
daß Hennig Brabant und die anderen Bürgerhauptleute ihn dazu veranlaßt
hätten, da wandte sich die Volkswut gegen die Bürgerhauptleute. Im Jahre
1604 zog eine aufgeregte Volksmenge vor das Gasthaus „Zum Einhorn", wohin
sich Hennig Brabant mit seinen Freunden geflüchtet hatte. Hennig Brabant
rettete sich vor der Wut der Menge durch einen Sprung aus dem Fenster. Mit
zerbrochenen Gliedern schleppte er sich bis zu dem Dorfe Broitzenl. Hier wurde
er gefunden und nach der Stadt zurückgebracht. Durch grausame Folterqualerl
erpreßte man von ihm das Geständnis, daß er alles getan habe, was man ihm
zur Last legte. Auf dem Hagenmarkte wurde er mit sieben seiner Genossen in grau¬
samster Weise zu Tode gemartert. Der Rat der Stadt wurde neu gewählt. An
die Stelle der Bürger und Handwerker traten wieder die vornehmen Geschlechter.
29. Der Dreißigjährige Krieg. 1618—1648.
1. Veranlassung. Im Jahre 1555 war der Religionsfriede zu Augsburg ge¬
schlossen. In diesem waren den Protestanten gleiche Rechte mit den Katholiken
zugesichert worden. Infolgedessen breitete sich die Reformaüon so schnell aus, daß
am Ende des 16. Jahrhunderts mehr als drei Viertel aller Deutschen Anhänger
der neuen Lehre waren. Auch in Böhmen hatte die Reformation Eingang gefunden.
Der Kaiser hatte hier den Protestanten durch den sogenannten Majestätsbrief das
Recht zugesichert, Kirchen und Schulen zu erbauen. Als aber Kaiser Matthias
regierte, wurde dieses Recht verletzt. In Klostergrab und Braunau waren von den
Protestanten Kirchen erbaut worden. Der Erzbischof von Prag indes riß die Kirche
in Klostergrab nieder, und die Kirche in Braunau wurde von dem Abt in Braunau
gesperrt. Die Evangelischen wandten sich deshalb an den Kaiser, erhielten aber
eine abweisende Antwort. Das entflammte die Gemüter. Ein bewaffneter Haufe
drang ins Prager Schloß und stürzte einige Räte des Kaisers zum Fenster hinaus,
weil man ihnen Schuld gab, das kaiserliche Schreiben bewirkt zu haben. Wunder¬
barerweise nahmen sie durch den 12—15 Meter tiefen Sturz keinen Schaden.
2. Ter böhmische Krieg. Nach dem Tode des Kaisers Matthias wurde
Ferdinand II. Kaiser. Vorher schon war er zum künftigen Könige von Böhmen
gekrönt. Er war ein erzkatholischer Fürst; sein Grundsatz war: „Besser eine
Wüste als ein Land voller Ketzer." Die protestantischen Böhmen weigerten sich
daher, ihn als König anzuerkennen, und wählten den Kurfürsten Friedrich von
der Pfalz zu ihrem Könige. Jetzt entbrannte der Krieg. Der Kaiser verbündete
sich mit dem Herzoge Maximilian von Bayern, und Tilly, der Feldherr des
Herzogs, rückte mit seinem Heere in Böhmen ein. Am Weißen Berge kam es
zur Schlacht. Friedrich wurde geschlagen und floh nach Holland. In Böhmen
sollte nun die neue Lehre ganz ausgerottet werden. 27 der vornehmsten böh¬
mischen Protestanten mußten unter dem Beile des Henkers bluten. Unzählige
aus dem Volk hatten dasselbe Schicksal; 36000 Familien wanderten aus, und bte
evangelischen Prediger wurden des Landes verwiesen.