Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

33 
Hennig Brabant wurde von seinen Gegnern verdächtigt. Man sagte, er unter¬ 
handle heimlich mit dem Herzog und wolle die Stadt an ihn verraten. Auch 
sollte er Umgang mit dem Teilfel pflegen. Als nun gar ein Mensch, der auf¬ 
rührerische Reden gegen den Rat der Stadt geführt hatte, vor Gericht aussagte, 
daß Hennig Brabant und die anderen Bürgerhauptleute ihn dazu veranlaßt 
hätten, da wandte sich die Volkswut gegen die Bürgerhauptleute. Im Jahre 
1604 zog eine aufgeregte Volksmenge vor das Gasthaus „Zum Einhorn", wohin 
sich Hennig Brabant mit seinen Freunden geflüchtet hatte. Hennig Brabant 
rettete sich vor der Wut der Menge durch einen Sprung aus dem Fenster. Mit 
zerbrochenen Gliedern schleppte er sich bis zu dem Dorfe Broitzenl. Hier wurde 
er gefunden und nach der Stadt zurückgebracht. Durch grausame Folterqualerl 
erpreßte man von ihm das Geständnis, daß er alles getan habe, was man ihm 
zur Last legte. Auf dem Hagenmarkte wurde er mit sieben seiner Genossen in grau¬ 
samster Weise zu Tode gemartert. Der Rat der Stadt wurde neu gewählt. An 
die Stelle der Bürger und Handwerker traten wieder die vornehmen Geschlechter. 
29. Der Dreißigjährige Krieg. 1618—1648. 
1. Veranlassung. Im Jahre 1555 war der Religionsfriede zu Augsburg ge¬ 
schlossen. In diesem waren den Protestanten gleiche Rechte mit den Katholiken 
zugesichert worden. Infolgedessen breitete sich die Reformaüon so schnell aus, daß 
am Ende des 16. Jahrhunderts mehr als drei Viertel aller Deutschen Anhänger 
der neuen Lehre waren. Auch in Böhmen hatte die Reformation Eingang gefunden. 
Der Kaiser hatte hier den Protestanten durch den sogenannten Majestätsbrief das 
Recht zugesichert, Kirchen und Schulen zu erbauen. Als aber Kaiser Matthias 
regierte, wurde dieses Recht verletzt. In Klostergrab und Braunau waren von den 
Protestanten Kirchen erbaut worden. Der Erzbischof von Prag indes riß die Kirche 
in Klostergrab nieder, und die Kirche in Braunau wurde von dem Abt in Braunau 
gesperrt. Die Evangelischen wandten sich deshalb an den Kaiser, erhielten aber 
eine abweisende Antwort. Das entflammte die Gemüter. Ein bewaffneter Haufe 
drang ins Prager Schloß und stürzte einige Räte des Kaisers zum Fenster hinaus, 
weil man ihnen Schuld gab, das kaiserliche Schreiben bewirkt zu haben. Wunder¬ 
barerweise nahmen sie durch den 12—15 Meter tiefen Sturz keinen Schaden. 
2. Ter böhmische Krieg. Nach dem Tode des Kaisers Matthias wurde 
Ferdinand II. Kaiser. Vorher schon war er zum künftigen Könige von Böhmen 
gekrönt. Er war ein erzkatholischer Fürst; sein Grundsatz war: „Besser eine 
Wüste als ein Land voller Ketzer." Die protestantischen Böhmen weigerten sich 
daher, ihn als König anzuerkennen, und wählten den Kurfürsten Friedrich von 
der Pfalz zu ihrem Könige. Jetzt entbrannte der Krieg. Der Kaiser verbündete 
sich mit dem Herzoge Maximilian von Bayern, und Tilly, der Feldherr des 
Herzogs, rückte mit seinem Heere in Böhmen ein. Am Weißen Berge kam es 
zur Schlacht. Friedrich wurde geschlagen und floh nach Holland. In Böhmen 
sollte nun die neue Lehre ganz ausgerottet werden. 27 der vornehmsten böh¬ 
mischen Protestanten mußten unter dem Beile des Henkers bluten. Unzählige 
aus dem Volk hatten dasselbe Schicksal; 36000 Familien wanderten aus, und bte 
evangelischen Prediger wurden des Landes verwiesen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.