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2. Die höchsten Behörden für das Heer sind das Militärkabinett, 
das preussische Kriegsministerium, neben dem für Bayern, Sachsen 
und Württemberg besondere Ministerien bestehen, und der General¬ 
stab der Armee. Dieser hat die oberste Heeresleitung und soll die 
Befehlshaber grösserer Heerkörper in strategischen, taktischen und 
Verwaltungs-Anordnungen unterstützen; zugleich dient er kriegs¬ 
wissenschaftlichen Zwecken. Auch die fünf Armeeinspektionen und 
die Landesverteidigungskommission gehören zu den höchsten Behörden. 
Die deutsche Armee ist in 23 Armeekorps gegliedert, unter 
denen die preussische Garde ein eigenes Armeekorps bildet. Ein 
Korps wird von einem kommandierenden General befehligt. Es 
besteht aus 2—3 Divisionen, jede zu 2 Infanteriebrigaden, einer 
Kavallerie- und einer Feldartilleriebrigade. Ferner gehören in der 
Regel ein Trainbataillon, ein Jägerbataillon, ein Fussartillerieregiment 
und ein Pionierbataillon dazu. Eine Infanteriebrigade zählt in der 
Regel 2 Regimenter und das Regiment 3 Bataillone mit je 4 Com- 
pagnieen. Eine Kavalleriebrigade besteht gewöhnlich aus 2 Regimen¬ 
tern zu fünf Eskadrons, eine Feldartilleriebrigade meist aus 2 Regi¬ 
mentern, das Regiment gewöhnlich aus 2 Abteilungen zu je 3 Bat- 
terieen mit je 4 oder 6 bespannten Geschützen. Die Division befehligt 
ein Generalleutnant, die Brigade ein Generalmajor, das Regiment ein 
Oberst oder Oberstleutnant, das Bataillon ein Major, die Compagnie 
(Eskadron, Batterie) ein Hauptmann (Rittmeister). 
Zur Ausbildung und Erziehung tüchtiger militärischer Kräfte 
dienen die Kriegsakademie, das Kadettenkorps, die vereinigte Artillerie- 
und Ingenieurschule, Unteroffizierschulen usw. Die Ausbildung bei 
der Truppe beginnt mit dem einzelnen Mann und steigt allmählich 
bis zum Trupp und zu grösseren Verbänden empor. Die grossen 
Herbstübungen oder Manöver, bei denen die einzelnen Waffen in 
gemischten Verbänden zusammenwirken, Schliessen die kriegsmäßige 
Ausbildung des Soldaten ab. 
3. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in, Ausübung 
dieser Pflicht nicht vertreten lassen. Die allgemeine Wehrpflicht 
dauert vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 45. Lebensjahre und 
zerfällt in die Dienst- und die Laudsturmpflicht. Jeder Wehrpflichtige 
ist vom 1. Januar des Jahres, in dem er sein 20. Lebensjahr voll¬ 
endet, der Militärpflicht und, wenn er ausgehoben wird, der Dienst¬ 
pflicht unterworfen. Er hat sich zwischen dem 15. Januar und dem 
1. Februar des Jahres, in dem er sein 20. Lebensjahr vollendet, zur 
Rekrutierungs-Stammrolle zu melden, und zwar bei der Ortsbehörde 
seines Wohnsitzes (Meldepflicht). Ist er daran verhindert, so haben 
dies die Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot- oder Fabrikherrn zu über¬ 
nehmen. Verändert der Militärpflichtige nach seiner Anmeldung zur 
Stammrolle den Wohnsitz, so hat er dies der früheren und der neuen 
Ortsbehörde innerhalb dreier Tage anzuzeigen. Auch zur Gestellung 
ist der Militärpflichtige verpflichtet, d. h. er hat sich der Musterung 
zu unterwerfen und zur Aushebung zu erscheinen. Der Gestellungs¬ 
befehl zur Musterung wird ihm durch die Gemeindebehörde vermittelt. 
Der Kaiser bestimmt für jedes Jahr die Zahl der in das Heer 
einzustellenden Rekruten. Da aber diese gewöhnlich geringer ist, als
	        
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