— 6 — 
wall, der von der Mündung der Lahn über den Taunus und den Main und von da 
erst in südlicher, dann in östlicher Richtung bis zur Altmühlmündung an die Donau ging. 
An einigen Stellen bestand diese Grenzwehr aus einer Mauer, an anderen aus Erdwall 
und Graben. In geringen Entfernungen voneinander befanden sich Wachthäuser; wich¬ 
tige Übergänge sicherten Burgen. Eine derselben, die Saalburg auf dem Taunus, hat 
Kaiser Wilhelm H. wieder ausbauen lassen. Die Gegend zwischen diesem Grenzwall und 
dem Rhein und der Donau überließen die Römer gallischen Ansiedlern gegen Entrichtung 
des Zehnten (daher Zehntland). Im Zehntland entstanden Städte wie Wiesbaden und 
Baden. Bei den römischen Standlagern am Rhein und an der Donau siedelten sich viele 
Eingeborene als Kolonisten an. Auf diese Weise entstanden die Städte Cöln, Koblenz, 
Bonn, Mainz, Worms, Straßburg, Augsburg, Regensburg und Wien. So entwickelte sich 
im Grenzlande ein blühendes Leben wie im römischen Reiche. 
2. einfluß der Römer auf die Deutschen. Die Berührung mit den Römern war 
für die Deutschen von großer Bedeutung. Viele deutsche Jünglinge nahmen Dienste bei 
den Römern und gelangten im Heer und als Beamte bis in die höchsten Stellen. Sie 
lernten im römischen Waffenrocke die Welt kennen. Nach ihrer Rückkehr erweckten sie durch 
ihre Erzählungen bei ihren Volksgenossen Sehnsucht nach dem sonnigen Italien. Ein leb¬ 
hafter Handel tauschte die Waren aus. Für Sklaven, Pferde, Rinder, Pelze und Honig 
bekamen die Deutschen Wein, Zeuge, Schmucksachen, Waffen und römisches Geld. Durch 
die Römer lernte man allerlei feine Gartenfrüchte und eine bessere Bestellung des 
Bodens kennen. Die Ufer der Mosel und des Rheins wurden mit Reben bepflanzt und 
edle Obstbäume von Italien aus eingeführt. 
3. VölkerbündniTfe. Die Germanen hatten in den Kämpfen mit den Römern 
gelernt, daß Einigkeit stark macht. In der Folgezeit schlossen sich darum kleinere Völker¬ 
schaften zu größeren Völkerbündnissen zusammen und zogen dann unter einem Herzog in 
den Kampf. Die Alamannen wohnten am Main und besetzten später das Land zwischen 
Schwarzwald und Wasgenwald. Die Franken (die Freien) saßen am Mittel- und Unter¬ 
rhein. Den Sachsen, die ihren Namen von ihrem kurzen Schwert „Sachs" erhalten 
haben, gehörte das Gebiet zwischen Niederrhein und Elbe. Die Goten hatten ihren Sitz 
an der unteren Donau. Sie waren die ersten Deutschen, die das Christentum annahmen. 
Ihr Bischof Wulfila übersetzte die Bibel ins Gotische. Einige Teile sind uns als ältestes 
Denkmal deutscher Sprache erhalten. 
III. Die Völkerwanderung. 
1. UrTacbe und Beginn der Völkerwanderung. Der befestigte römische Grenzwall 
hinderte die Germanen, sich weiter nach Westen und Süden auszubreiten. Die West¬ 
germanen wurden seßhaft und bauten mehr als bisher den Acker. Da sich die Völker 
stark vermehrten, reichte der vorhandene Boden zur Viehzucht und dem rohbetriebenen 
Ackerbau nicht mehr aus. Die Landnot trieb die Germanen, sich neue Wohnsitze zu 
suchen. Dazu kam noch, daß sie von ihren slawischen Nachbarn im Osten gedrängt 
wurden. Diese „Völkerwanderung" begann am Ende des zweiten Jahrhunderts und 
richtete ihren Ansturm gegen das römische Reich. Durch den Einfall der Hunnen 
375 375 in Europa kamen die Völker in eine raschere Bewegung. Die Hunnen unterwarfen 
zunächst die Alanen (zwischen Wolga und Don), die dann mit jenen über den Don gegen 
die Goten zogen. Diese waren durch den Dniestr in Ost- und Westgoten geschieden. 
Nachdem bald darauf die Ostgoten überwältigt worden waren, warfen sich alle drei Völker 
auf die Westgoten und verdrängten auch diese aus ihren Wohnsitzen. 
2. Hlaricb. Die Westgoten erhielten unter dem Kaiser Theodosius dem 
Großen in den südlich von der Donau gelegenen Ländern und in Kleinasien 
Wohnsitze. Um das Jahr 400 stand an der Spitze der Westgoten der König 
Alarich. Er war der erste Germane, der Italien angriff, um seinen Goten neue 
Wohnsitze zu erkämpfen. Siegreich rückte er bis vor die Tore der Stadt Rom. 
Die Römer ergriff Angst und Entsetzen; denn seit 400 Jahren war kein Feind
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.