II. Die Glanzzeit des Reiches 69-180.
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erster Diener; aber auch von nervöser Gereiztheit, die ihn
gelegentlich zu Mißtrauen und Argwohn verleitete, der seinen
'Geist umdüsterte.
"Von ihm adoptiert folgte Antoninus, durch Senatsbeschluß
mit dem Beinamen Pius benannt (138 —161), ein ehrenwerter,
rechtschaffener, gewissenhafter Mann von friedlicher Gesinnung,
dem mehr allgemein menschliche als fürstliche Vorzüge eigen waren.
Auf ihn folgte, wiederum durch Adoption, Marcus Aurelius
(161 —180), ein Mann gleichfalls von trefflichen Eigenschaften,
aber allzu sehr unter dem Einfluß philosophischer (stoischer)
Lehren stehend.
2. Das Reich und die Barbaren von 69 — 180. 8 116.
Im Zusammenhang mit dem Bürgerkriege von 68/69 steht
ein Aufstand, der am Niederrhein unter dem germanischen Stamm
der Bataver, die freiwillig Roms Oberhoheit anerkannt hatten,
begann und die benachbarten germanischen Yölker und einen
großen Teil Galliens ergriff. Die Erhebung hatte 70 ein Ende.
Die Grenzen des Reiches wurden darauf nicht unerheblich
erweitert durch die Yollendung der Eroberung Britanniens
unter Domitian, sowie durch die Eroberung von Dacien (etwa
Siebenbürgen und Rumänien), von Armenien, Mesopotamien
und Parthien durch Trajan. Damit gewann das Reich seine
größte Ausdehnung.
Diese Eroberungen im Osten gab Hadrian zwar auf, sicherte
aber die Grenzen, indem er vom Solwaybusen bis zum Tynefluß
den sog. Piktenwall zog und den früher begonnenen Limes
romanus vollendete. Dieser von einem Graben begleitete Grenz¬
wall führte von der Einmündung der Altmühl in die Donau zum
Rhein gegenüber der Mündung der Ahr. Die menschenarmen,
ehemals keltischen Lande in diesem Winkel zwischen der oberen
Donau und dem Oberrhein, diö Zehntlande (Agri decumates)
gehörten hinfort zum Reiche. Die hier entstehende Kultur wurde
von bedeutendem Einfluß auf die benachbarten Germanenstämme.
Unter Kaiser Marcus erfolgte ein Vorstoß der in unruhig
hin- und herflutender Bewegung befindlichen germanischen
Völker gegen das Imperium, der Anfang der sog. Völkerwanderung: